Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat heute den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen. Mit der Reform wird ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto („P-Konto„) eingeführt (wir berichteten bereits darüber). Auf diesem erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages, unabhängig davon, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt. Künftig genießen damit auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben.Der Pfändungsfreibetrag für Ledige ohne Unterhaltsverpflichtungen beträgt 985,15 Euro pro Monat. Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird.

Nach bisheriger Rechtslage führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Begleichung von Miete, Energiekosten oder Versicherungen nicht mehr über das Konto abgewickelt werden können. Um Pfändungsschutz für den pfändungsfreien Selbstbehalt des Kontoguthabens zu erlangen, braucht der Schuldner in vielen Fällen eine Gerichtsentscheidung. Häufig ist dies nicht rechtzeitig möglich, so dass Kosten für verspätete oder nicht ausgeführte Zahlungen anfallen. Erschwert wird der Pfändungsschutz dadurch, dass er bei Guthaben aus Arbeitseinkommen anders ausgestaltet ist als bei Guthaben aus Sozialleistungen. Der bisherige Pfändungsschutz führt daher bei Banken und Gerichten zu unnötig hohem Vollzugsaufwand.

Mit dem P-Konto will die Regierung das Verfahren zum Pfändungsschutz entbürokratisieren und verhindern, dass Konten wegen einer bestehenden Pfändung blockiert und von den Banken deshalb gekündigt werden. Ein Girokonto sei heutzutage schließlich eine Voraussetzung für die Teilnahme am Arbeits- und Wirtschaftsleben.

Zu den Schwer­punk­ten der Re­form im Ein­zel­nen:

1. Au­to­ma­ti­scher Pfän­dungs­schutz

Ein Kon­to­gut­ha­ben in Höhe des Pfän­dungs­frei­be­tra­ges nach § 850c ZPO (zur Zeit 985,15 Euro) wird nicht von einer Pfän­dung er­fasst („Ba­sis­pfän­dungs­schutz“). Das be­deu­tet, dass aus die­sem Be­trag Über­wei­sun­gen, Last­schrif­ten, Ba­rab­he­bun­gen, Dau­er­auf­trä­ge etc. ge­tä­tigt wer­den kön­nen.

  • Der Ba­sis­be­trag wird für je­weils einen Ka­len­der­mo­nat ge­währt. An­ders als nach gel­ten­dem Recht kommt es auf den Zeit­punkt des Ein­gangs der Ein­künf­te nicht mehr an. Wird der pfän­dungs­freie An­teil eines Gut­ha­bens in einem Monat nicht aus­ge­schöpft, wird er auf den fol­gen­den Monat über­tra­gen. In die­sem Rah­men kann der Schuld­ner Gut­ha­ben für Leis­tun­gen an­spa­ren, die nicht mo­nat­lich, son­dern in grö­ße­ren Zeit­ab­stän­den zu er­fül­len sind (z. B. Ver­si­che­rungs­prä­mi­en).
  • Auf die Art der Ein­künf­te kommt es für den Pfän­dungs­schutz nicht mehr an. Damit ent­fällt auch die Pflicht, die Art der Ein­künf­te (Ar­beits­ein­kom­men, So­zi­al­leis­tun­gen wie Rente, Ar­beits­lo­sen­geld etc.) ge­gen­über Ban­ken und Ge­rich­ten nach­zu­wei­sen. Auch das Gut­ha­ben aus den Ein­künf­ten Selbst­stän­di­ger und aus frei­wil­li­gen Leis­tun­gen Drit­ter wird künf­tig bei der Kon­top­fän­dung ge­schützt.
  • Der pfän­dungs­freie Be­trag kann durch Vor­la­ge ent­spre­chen­der Be­schei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern, Schuld­ner­be­ra­tungs­stel­len und So­zi­al­leis­tungs­trä­gern (z. B. über Un­ter­halts­pflich­ten und be­stimm­te So­zi­al­leis­tun­gen) beim Kre­dit­in­sti­tut er­höht wer­den. Eine Er­hö­hung oder eine Her­ab­set­zung des Ba­sis­pfän­dungs­schut­zes ist au­ßer­dem in be­son­ders ge­la­ger­ten Ein­zel­fäl­len auf Grund einer ge­richt­li­chen Ent­schei­dung mög­lich.

2. Pfän­dungs­schutz nur auf dem P-​Kon­to

Der au­to­ma­ti­sche Pfän­dungs­schutz kann nur für ein Gi­ro­kon­to ge­währt wer­den. Die­ses be­son­de­re Konto – P-​Kon­to – wird durch eine Ver­ein­ba­rung zwi­schen Bank und Kunde fest­ge­legt. Das Ge­setz sieht vor, dass ein An­spruch auf Um­wand­lung eines be­reits be­ste­hen­den Gi­ro­kon­tos in ein P-​Kon­to in­ner­halb von vier Ge­schäfts­ta­gen be­steht. Die Um­stel­lung wirkt rück­wir­kend zum Mo­nats­ers­ten. Ein An­spruch auf die neue Ein­rich­tung eines P-​Kon­tos be­steht al­ler­dings nicht. Ab 1. Ja­nu­ar 2012 wird der Kon­top­fän­dungs­schutz aus­schließ­lich durch das P-​Kon­to ge­währ­leis­tet.

3. Be­son­de­rer Schutz für be­stimm­te Leis­tun­gen wie Kin­der­geld und So­zi­al­leis­tun­gen

Kin­der­geld und So­zi­al­leis­tun­gen – etwa nach dem So­zi­al­ge­setz­buch II – wer­den künf­tig bei ihrer Gut­schrift auf dem P-​Kon­to bes­ser ge­schützt. Be­trä­ge müsse nicht mehr bin­nen sie­ben Tagen ab­ge­ho­ben wer­den. Kin­der­geld wird zu­sätz­lich ge­schützt. Es kommt also zum Ba­sis­pfän­dungs­schutz hinzu. Wer­tungs­wi­der­sprü­che zwi­schen Voll­stre­ckungs-​, Steu­er-​ und So­zi­al­recht wer­den damit ver­mie­den.

4. Pfän­dungs­schutz für sämt­li­che Ein­künf­te Selbstständi­ger

Die Re­form schafft einen bes­se­ren und ef­fek­ti­ve­ren Pfän­dungs­schutz für sämt­li­che Ein­künf­te selbst­stän­dig tä­ti­ger Per­so­nen, da das künf­ti­ge Recht alle Ein­künf­te aus selbst­stän­di­ger Tä­tig­keit wie Ar­beits­ein­kom­men und So­zi­al­leis­tun­gen be­han­delt.

5. Ver­mei­dung von Miss­bräu­chen beim P-​Kon­to

Jede na­tür­li­che Per­son darf nur ein P-​Kon­to füh­ren. Die Kre­dit­in­sti­tu­te wer­den er­mäch­tigt, der Schufa die Ein­rich­tung eines P-​Kon­tos zu mel­den und bei jedem An­trag eines Kun­den auf Füh­rung eines P-​Kon­tos zu über­prü­fen, ob für diese Per­son be­reits ein P-​Kon­to be­steht. Kre­dit­in­sti­tu­te holen be­reits heute bei jeder Er­öff­nung eines Gi­ro­kon­tos in der Regel eine Schufa-​Aus­kunft ein. Die Aus­kunft der Schufa ge­gen­über den Kre­dit­in­sti­tu­ten soll nun­mehr um das Merk­mal „P-​Kon­to“ er­wei­tert wer­den. Die Kre­dit­wirt­schaft hat an­ge­kün­digt, von der er­wei­ter­ten Aus­kunfts­be­fug­nis auch Ge­brauch zu ma­chen, um zu einem mög­lichst lü­cken­lo­sen Schutz vor einem Miss­brauch des P-​Kon­tos bei­zu­tra­gen. Die Schufa darf das zu­sätz­li­che Merk­mal nur für die Bank­aus­kunft ver­wen­den, nicht für die Be­ant­wor­tung von An­fra­gen zur Kre­dit­wür­dig­keit oder für die Be­rech­nung von sogenannten Score-​Wer­ten. Flan­kie­rend zu die­ser prä­ven­ti­ven Maß­nah­me wird Gläu­bi­gern in Miss­brauchs­fäl­len ein zü­gi­ges Ver­fah­ren an die Hand ge­ge­ben, die Wir­kun­gen wei­te­rer P-​Kon­ten zu be­sei­ti­gen.

(Wortlaut Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums)

Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Damit die Kreditwirtschaft ausreichend Zeit zur Umstellung hat, ist außerdem ein Zeitraum von 12 Monaten zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen. P-Konten werden deshalb voraussichtlich erst ab Mitte 2010 zur Verfügung stehen.

(BMJ/ml)