Im Jahr 2008 konnten rund 64.000 Ingenieurstellen vor allem im Maschinen- und Fahrzeugbau nicht besetzt werden. Der Volkswirtschaft entgingen dadurch 6,6 Milliarden Euro. Im März dieses Jahres fehlten immer noch 44.000 Ingenieure. Die im Februar 2009 vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befragten 3900 Unternehmen erwarten deshalb trotz aktueller Wirtschaftskrise in den kommenden fünf Jahren eine stabile Ingenieurbeschäftigung. Jedes fünfte Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren zudem gezielt ältere Ingenieure eingestellt, um die Lücke zu schließen.Laut IW-Umfrage planen derzeit trotz Krise nur 7% der Unternehmen Ingenieurstellen abzubauen. Zwei Drittel wollen die Ingenieurbeschäftigung konstant halten und jedes vierte Unternehmen beabsichtigt sogar aufzustocken. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hält das für die einzig richtige Strategie, denn nach dieser Krise komme der nächste Aufschwung. Und wer dann die Auftragseingänge aufgrund fehlender Spezialisten nicht bedient, werde der Konkurrenz nicht standhalten können, so VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs auf der Hannover-Messe.
Jedes fünfte Unternehmen muss in den kommenden fünf Jahren Ingenieure ersetzen, die altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Die Besetzung neuer Ingenieurstellen droht zu scheitern, denn die Zahl der Ingenieurabsolventen wird bestenfalls reichen, um den entstehenden Ersatzbedarf zu decken. Die VDI/IW-Studie zeigt allerdings, dass 75 % der Unternehmen diesen Effekt bisher unterschätzen.
Die erfreuliche Kehrseite des Mangels: Ältere Ingenieure stellen wieder ein wichtiges Beschäftigungspotenzial dar. Bereits jedes fünfte Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren gezielt ältere Ingenieure eingestellt. Die Arbeitslosigkeit älterer Ingenieure ist zwischen den Jahren 1999 und 2008 von 42.400 auf 8900 gesunken. Darüber hinaus greifen knapp 20 % der Unternehmen auf die Expertise von bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Ingenieuren zurück.
Wer sich um seine älteren Ingenieure bemüht, wird dafür belohnt, ergab die VDI/IW-Studie. In Unternehmen, die viele Maßnahmen zur Förderung älterer Ingenieure durchführen, scheiden diese um 2 Jahre und 4 Monate später aus dem Erwerbsleben aus als in Unternehmen, die keine oder nur wenige Anstrengungen tätigen. Neben der Nachwuchsförderung ist daher die Beschäftigung älterer Fachkräfte ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Ingenieurmangel.
In der VDI/IW-Studie des Vorjahres wurden die Unternehmen nach politischen Maßnahmen gegen den Ingenieurmangel befragt. Die Umsetzung der von den Unternehmen favorisierten Forderungen durch die Politik blieb laut IW weitgehend aus. So ist eine Stärkung des technisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (fast 75 % Zustimmung) bislang nicht erfolgt. Verbesserte Bedingungen an technischen Hochschulen wünschten sich 2008 über die Hälfte der befragten Firmen. „Hier wird heute lediglich in Infrastruktur investiert, nicht in qualifiziertes Personal oder eine Überarbeitung der Lehrpläne“, kritisiert Fuchs das ausbleibende Handeln der Politik. Knapp 45 % hielten vergangenes Jahr öffentliche Stipendienprogramme für Ingenieurstudierende für sinnvoll. Der Einführung eines Technikrats standen zwei Drittel der Unternehmen mit hoher bis mittlerer Priorität gegenüber. Auch hier geschah seitens der Politik nichts. Eine eher traurige Bilanz.
Die Studie zur Ingenieurlücke anlässlich der Hannover Messe 2009 steht kostenlos als Download zur Verfügung. (VDI/ml)