Nach EU-Definition ist armutsgefährdet, wer weniger als 60 % des mittleren Einkommens des jeweiligen Landes verdient. Diese Armutsgefährdung fiel 2007 in Deutschland regional unterschiedlich hoch aus. Laut Statistischem Bundesamt waren in Mecklenburg-Vorpommern 24,3 % und in Sachsen-Anhalt 21,5 % der Bevölkerung davon betroffen. In Baden-Württemberg lagen 2007 lediglich 10,0 % und in Bayern 11,0 % der Menschen mit ihrem Einkommen unter der 60-%-Grenze. Bundesweit lag die Quote bei 14,3 %.Auffallend ist der deutliche Unterschied zwischen Ost und West: Während in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 19,5 % der Bevölkerung armutsgefährdet waren, lag die Quote im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 12,9 % deutlich niedriger. Die Armutsgefährdungsquote war im Osten in nahezu allen Altersgruppen höher als im Westen. Lediglich die Altersgruppe der ab 65-Jährigen wies mit 9,3 % im Osten eine geringere Quote auf als im Westen mit 11,9 %. Während die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Personen im Westen mit 13,5 % höher lag als bei den männlichen Personen (12,2 %), waren im Osten keine geschlechtsspezifischen Differenzen festzustellen (für Frauen und Männer jeweils 19,5 %).
Besonders von Armut bedroht sind erwerbslose Personen sowie Alleinerziehende und deren Kinder. Auch hier sind im Ländervergleich jedoch erhebliche Unterschiede festzustellen: Während die Armutsgefährdungsquote der Erwerbslosen in Baden-Württemberg mit 40,3 % im Jahr 2007 den niedrigsten Wert aufwies, waren in Sachsen-Anhalt zwei Drittel aller Erwerbslosen (66,0 %) armutsgefährdet. Bei den Personen in Alleinerziehenden-Haushalten waren die niedrigsten Quoten in den Stadtstaaten Berlin (28,6 %) und Hamburg (29,6 %) festzustellen; die höchste Quote wies auch hier Sachsen-Anhalt mit 53,7 % auf.
Grundlage der bisher genannten Berechnungen ist eine Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene, die auf dem mittleren Einkommen im gesamten Bundesgebiet basiert. Legt man aber nicht das bundesweite mittlere Einkommen, sondern die jeweiligen regionalen Einkommen zugrunde, fallen die Unterschiede zwischen den Armutsgefährdungsquoten in den Bundesländern deutlich geringer aus. Bei den aus dieser regionalen Perspektive ermittelten Armutsgefährdungsquoten wiesen im Jahr 2007 Hamburg (16,8 %) und Bremen (15,2 %) die höchsten, Thüringen (12,9 %) und Baden-Württemberg (13,0 %) die niedrigsten Werte auf.
Anmerkung der Redaktion: Die regionale Sichtweise ist die eindeutig lebensnähere, da die EU-Armutsdefinition schon vom konzeptionellen Ansatz her einen erheblichen psychologischen Aspekt enthält. Sie orientiert sich genau deshalb an einer relativen Einkommensschwelle (von 60 %), um das soziale Empfinden der Geringerverdienenden einzubeziehen. Andernfalls müsste die Armut danach definiert werden, ab wann zum Leben notwendige Aufwendungen nicht mehr getragen werden können.
Wenn man aber die Armut am relativen Verhältnis zum Einkommen der sozialen Umgebung definiert, ist die Region diejenige, die das tatsächliche Empfinden am besten widerspiegelt. Darin gehen dann übrigens auch absolute Faktoren, wie zum Beispiel die regionalen Lebenshaltungskosten schlüssig auf. Im Falle der Bundesrepublik differieren diese zwischen Ost und West ja nicht unerheblich.
Eine regionale Rechnung entspricht im Übrigen auch dem von den Bürgern gefühlten Wohlstand deutlich eher, als eine bundesdurchschnittliche – das werden Hamburger, Bremer oder auch Wuppertaler Bürger ganz besonders bestätigen können. (ml)