Eine Informationslücke im Handel mit Emissionszertifikaten soll der gestern erstmals veröffentlichte „KfW/ZEW CO2-Barometer“ schließen. Der aktuelle Barometer zeigt, dass sich in Europa ein dynamisch wachsender Markt für CO2-Zertifikate entwickelt hat. Grundlage für die positive Entwicklung ist das Emissionshandelssystem der EU (EU ETS), das erste grosse, länderübergreifende Handelsprogramm für Treibhausgase weltweit.
KfW/ZEW CO2-Barometer
Der von der KfW Bankengruppe und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gemeinsam entwickelte Wirtschaftsmonitor „KfW/ZEW CO2-Barometer“ basiert auf der Befragung deutscher emissionshandelspflichtiger Unternehmen und internationaler CO2-Handelsexperten. „Ziel ist es, mit den Ergebnissen der neuen jährlichen Studie Marktentwicklungen und Unternehmensstrategien zu erkennen und diese empirische Grundlage zur Weiterentwicklung der Wirtschaftspolitik und von neuen Förderinstrumenten zu nutzen,“ beschreibt Dr. Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe den Zweck des Barometers.
Das KfW/ZEW CO2-Barometer 2009 zeigt, dass 75 % der emissionshandelspflichtigen Unternehmen in Deutschland derzeit bereits am Handel mit CO2-Zertifikaten teilnehmen oder planen, dies zu tun. Allerdings ist in einzelnen Marktsegmenten bisher aufgrund von Unsicherheiten und hohen Transaktionskosten nur eine geringe Handelsaktivität festzustellen. Dies betrifft zum einen den Handel mit Zertifikaten für die Zeit nach 2012, also nach Abschluss der derzeit laufenden Handelsperiode. Zum anderen betrifft es die Nutzung von Emissionsminderungsgutschriften aus den projektbasierten Kioto-Mechanismen.
Die Handelsaktivitäten der Unternehmen konzentrieren sich angesichts der Unsicherheiten bezüglich eines zukünftigen Kioto-Folgeabkommens bisher auf die Spot- und Terminmärkte (Gegenwarts- und Zukunftsmärkte) der Handelsperiode 2008 bis 2012. Dagegen sind es weniger als 17 % der deutschen Unternehmen, die eine aktive Teilnahme an den Märkten nach 2012 planen oder hier bereits aktiv sind.
Um längerfristige Planungssicherheit zu erhalten, ist die Verlängerung der Regulierungszeiträume für die überwiegende Mehrheit der Markteilnehmer außerordentlich wichtig. Eine frühzeitige Festlegung der rechtlichen Grundlagen für den Emissionshandel nach 2012 ist daher von zentraler Bedeutung für die weitere Marktentwicklung. Im Bereich der Kioto-Mechanismen könnte die Marktaktivität zudem von einer Reduktion der Transaktionskosten und Risiken profitieren.
Die Mehrheit der deutschen Unternehmen und internationalen Experten erwarten in der aktuellen Umfrage, dass der Preis für ein EU-Emissionszertifikat (EUA) die Schwelle von 18 Euro pro Tonne CO2 (EUR/tCO2) im Dezember 2009 und 30 EUR/tCO2 in den Jahren 2013 bis 2020 nicht übersteigen wird. Der Preis von Emissionsminderungsgutschriften aus Entwicklungs- und Schwellenländern (sCERs) wird leicht niedriger eingeschätzt: 16 EUR/tCO2 im Dezember 2009 und 26 EUR/tCO2 in den Jahren 2013-2020. Die CO2-Preiserwartungen werden im Rahmen des KfW/ZEW CO2-Indikators künftig vierteljährlich aktualisiert und veröffentlicht.
Obwohl die ausgegebenen Emissionszertifikate in der aktuell laufenden zweiten Handelsperiode des EU ETS verknappt wurden, belegen die Ergebnisse des KfW/ZEW CO2-Barometers 2009, dass die monetären Anreize für CO2-Minderungsmaßnahmen noch keine deutlichen Auswirkungen auf die Investitionsstrategien der Unternehmen haben. Auch wenn mehr als 55 % aller Unternehmen bereits Vermeidungsmaßnahmen realisiert haben, war bei der großen Mehrheit (88 %) von ihnen die CO2-Reduktion nur ein Nebeneffekt. Lediglich bei 6 % stand die Emissionsminderung im Vordergrund der Investition. Aufgrund der sinkenden Emissionsobergrenzen ist jedoch in Zukunft von höheren Zertifikatepreisen auszugehen. Ihr Einfluss auf Investitionsentscheidungen wird dadurch wachsen. Dr. Andreas Löschel, Umweltökonom des ZEW, macht deutlich: „Der EU-Emissionshandel bekommt immer höhere Bedeutung für deutsche Unternehmen. Er wird voll in Schwung kommen, wenn die CO2-Preise, wie im KfW/ZEW CO2-Barometer erwartet, nach 2012 stark ansteigen.“
(ZEW/ml)