Wer in Deutschland wenig verdient, kann gesellschaftlich relativ schwer aufsteigen. Nur ein Drittel der Menschen, die im Jahr 2003 zur untersten Einkommensschicht gehörten, konnten sich die folgenden vier Jahre hocharbeiten. Dabei schafften von den Arbeitslosen sogar nur 28 % den Aufstieg. Allerdings gilt auch, dass fast die Hälfte derer, die im Jahr 2003 arbeitslos oder nicht erwerbstätig waren, aber bis 2007 einen Job fanden, eine oder mehrere Einkommensschichten emporkletterten. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW Köln).Welcher Art die gefundene Stelle ist, spielt offenbar keine große Rolle. Geringverdiener stiegen genauso häufig auf wie Arbeitnehmer mit höheren Stundenlöhnen. Vor allem Personen aus der untersten Einkommensschicht können sich durch einen Job sprichwörtlich hocharbeiten: Ergatterte ein Arbeitsloser eine Beschäftigung, erhöhte sich seine Aufstiegschance um etwa das Dreieinhalbfache im Vergleich zu jemandem, der arbeitslos geblieben war.
Die Frage, ob es in Deutschland in wirtschaftlicher Hinsicht gerecht zugeht, wird meist anhand der Einkommensverteilung beantwortet. Doch es gibt noch einen zweiten Faktor, der das Gerechtigkeitsgefühl beeinflusst, aber weniger offensichtlich ist: die sogenannte Einkommensmobilität. Denn Menschen akzeptieren Ungleichheiten eher, wenn wenigstens theoretisch alle eine Chance haben, selbst wohlhabend zu werden, sich also aus ihrer Lage befreien zu können.
Wenn dagegen gilt „einmal arm, immer arm“, steigen der Druck zur Umverteilung und die Unzufriedenheit. Und genau hier hat Deutschland ein Problem: Rund 63 % der Personen, die im Jahr 2003 zur ersten, also untersten Einkommensschicht zählten, waren auch 2007 noch dort zu finden – von 1999 bis 2003 konnte mit 46 Prozent noch fast die Hälfte der Betroffenen aufsteigen. Der Anteil derer, die „unten“ bleiben, wird in Deutschland also offenbar größer.
Die Studie desIW Köln ging auch dieser Entwicklung nach. Das Fazit: Die wichtigste Voraussetzung für mehr Zufriedenheit und Gerechtigkeit ist die Verfügbarkeit von Arbeit. Zugleich muss die Einkommensmobilität in Deutschland wieder steigen. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie stehen im Rahmen der Publikation „IW-Trends 2/2009 Einkommensmobilität in Deutschland – Entwicklung, Strukturen und Determinanten“ als kostenloser Download online zur Verfügung.
(IW Köln/ml)