Inlandstourismus muss Senioren mehr umwerben

Die Bedeutung der Senioren im Tourismus wachse rascher als ihr Anteil an der Bevölkerung, warnt das Bundeswirtschaftsministerium. Bis 2020 werde die Gruppe der über 55-Jährigen die größte Be­völ­kerungs­grup­pe in Deutschland sein und daher noch stärker in den Fokus von Tourismuswirtschaft und Tourismuspolitik rücken. Wer davon profitieren möchte, muss den Senioren passgenaue Angebote machen. Das ergab eine Studie im Auftrag des Bundes­wirt­schafts­minis­teri­ums, an der u. a. das Münchner ifo Institut mitwirkte. Laut Studie sind die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf den Tourismus in Deutschland aber nicht dramatisch.Es wird ein leichter Anstieg des Urlaubs- und Kurzreisevolumens erwartet und eine Verschiebung der Marktanteile zugunsten der Senioren prognostiziert. So sollen die Zahl der Reisen der über 60-Jährigen um 3,2 Millionen zu- und die der unter 60jährigen um 2,8 Millionen abnehmen. Bei dieser Strukturverschiebung der Nachfrage sei aber zu berücksichtigen, dass die Bedeutung der Senioren im Tourismus rascher als ihr Anteil an der Bevölkerung wächst.

Weiter wird es nach Ansicht der Institute zu einem moderaten Rückgang der Inlandsreisen (-1,2 Millionen) und einem leichten Anstieg der Auslandsreisen (+3,2 Millionen) kommen. Letzterer werde vor allem durch Reisende im Alter zwischen 60 und 79 Jahren ausgelöst. Die saisonalen Schwankungen sollen in Zukunft geringer ausfallen bei einem Rückgang der Sommerurlaube. Und es werden mehr Pkw- und weniger Busreisen stattfinden.

Entsprechend der wachsenden Rolle der Senioren werden die Bereiche Kultur, Natur und Gesundheit an Stellenwert gewinnen und die Bade- und Ausruhurlaube an Beliebtheit verlieren. Die Geschäftsreisen werden vom demografischen Wandel hingegen kaum berührt werden, prognostizieren die Studienautoren.

Die hohe Auslandsaffinität der Senioren wird von den Instituten damit begründet, dass die künftigen Senioren ihr bisheriges Reiseverhalten auch in die höheren Altersstufen „mitnehmen“. Aber auch bei Unterstellung eines grundsätzlich anderen Urlaubsverhaltens mit Eintritt ins Seniorenalter ändere sich die qualitative Aussage des Gutachtens laut Institute nicht: Senioren seien der „Wachstumsmotor“ des Tourismus.

Auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes sehen die Forscher eine Strukturveränderung in Richtung eines älter werden Arbeitskräftepotenzials. Der zunehmende Fachkräftemangel und der wachsende Wettbewerb um qualifiziertes Personal im Tourismus werde durch die Effekte des demografischen Wandels weiter verstärkt, so ihre Prognose.

Beim touristischen Angebot können die demografischen Wachstumsregionen (Gebiete, in denen u. a. durch Zuwanderung die Bevölkerung wächst) ihre Infrastruktur voraussichtlich stärker auslasten, während in Regionen mit einem demografisch bedingten Bevölkerungsrückgang mit einer Angebotsausdünnung zu rechnen sei, die sich dann auch wieder auf den Tourismus auswirke.

Insgesamt sehen die Gutachter die größten Herausforderungen, denen der Deutschland-Tourismus durch den demografischen Wandel ausgesetzt ist, in der Verschiebung und wachsenden Vielfalt der Zielgruppen und ihrer Ansprüche, im rückläufigen Anteil von Inlandsreisen und bei den Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Herausforderungen werden regional unterschiedlich stark sein.

Die Studie steht als kostenloser Download im Internet in mehreren Versionen zur Verfügung: als Kurzfassung (in einer einzigen PDF-Datei) und kapitelweise als Langfassung in mehreren PDF-Dateien.

(BMWi/ml)