Jungen Führungskräften wird allmählich bewusst, dass auch sie sich nicht mehr über Rahmenbedingungen hinweg setzen können. Die Krise habe den Blickwinkel der Nachwuchsmanager auf potenzielle Arbeitgeber stark verändert, behauptet die Young Executives’ Study (YES) von PricewaterhouseCoopers (PwC). Angesagt sind demnach bei den Nachwuchsführungskräften derzeit Unternehmen, die eine nachhaltige Karriereentwicklung bieten. Das erhöhe vor allem die Attraktivität der etablierten Mittelständler und stillen Champions (kleine, aber in Nischenbereichen global führende Unternehmen), behauptet das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen.
Offensive Strategien wie ein umfassendes Networking und der Karriereschritt ins Ausland, die noch in der Vorläuferstudie 2007 eine große Rolle spielten, sind heute als Einstellungen bei den Jungmanagern überhaupt nicht mehr auffindbar. Sie haben Platz gemacht für defensive Verhaltensweisen, um den eigenen Status quo nicht zu verlieren.
Annähernd 90 % der Nachwuchsmanager sind allerdings auch davon überzeugt, dass sie aufgrund ihrer Fähigkeiten und guten Ausbildung die Krise unbeschadet überstehen werden.
Generell gestiegen ist die Sensibilität der befragten Nachwuchsmanager für soziale Probleme. Das „Auseinanderdriften von Arm und Reich“ bewerten mittlerweile 87 % als wichtiges oder sehr wichtiges Problem, 2007 waren es erst 70 %. Auch der „Zerfall der Gesellschaft in Teilgruppen“ macht mehr Befragten Sorgen (71 %) als vor zwei Jahren (66 %).
Deutlich weniger problematisch als 2007 beurteilen die kommenden Führungskräfte die Folgen von Arbeitsplatzverlagerungen (58 % gegenüber 73 %) sowie die Auswirkungen des globalen Terrorismus (ebenfalls 58 % gegenüber 73 %). Am unteren Ende der Skala bleibt der Nord-Süd-Konflikt – er wird sogar noch von deutlich weniger Befragten als relevantes Problem wahrgenommen (33 %) als vor zwei Jahren (47 %).
Welche Impulse die „Manager von Morgen“ ihren Unternehmen, der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt geben werden, lässt sich derzeit allenfalls abschätzen. Auf Basis der Einstellungen der Befragten, ihrer Bewertungen gesellschaftlicher Probleme und der Folgen der Wirtschaftskrise lassen sich jedoch vier Typen von Führungskräften identifizieren.
Auf die Gruppe der „Jungen Pessimisten“, der sich 20 % der Befragten zuordnen lassen, hat die Krise den im Vergleich stärksten Eindruck gemacht. Für diese Nachwuchsmanager war die spätere Karriere schon während der Schulzeit sehr wichtig (68 %). Gleichzeitig befürchten überdurchschnittlich viele (50 %), dass die Krise ihren beruflichen Aufstieg zumindest verlangsamt. Zudem sind die Vertreter dieser Gruppe überdurchschnittlich problembewusst: Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich ist für 95 % ein sehr wichtiges Thema.
Zum Typus der „erfahrenen Netzwerker“ zählen 23 % der Befragten. Diese Gruppe nimmt die Krise durchaus ernst – mit 70 % sind überdurchschnittlich viele der Ansicht, dass die Talsohle noch längst nicht durchschritten ist. Dennoch glauben nur vergleichsweise wenige (26 %), dass die Krise ihre Karriere beeinträchtigt.
Die „konzentrierten Pragmatiker“ (28 %) zeichnen sich durch eine vergleichsweise unaufgeregte Bewertung der Krise und ihrer Folgen aus. Sie sehen ihre Chancen weitaus häufiger im Ausland als die Mitglieder der anderen Gruppen und sind auch eher dazu bereit, das Familienleben zugunsten der Karriere einzuschränken (98 %).
Die relativ größte Gruppe stellen die „krisenresistenten Macher“ (29 %). Sie sehen nicht nur die eigene Laufbahn, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt mit einem bemerkenswerten Optimismus. So schätzen 96 % ihre Karrierechancen als gut oder sehr gut ein und 90 % glauben, dass die Wirtschaft nach einer gewissen Zeit „weiterläuft wie bisher“.
Die gegenwärtige Wirtschaftslage beurteilen die Nachwuchsführungskräfte erwartungsgemäß negativ: 50 % schätzen die Situation als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ ein, während in der Umfrage von 2007 lediglich 6 % diese Ansicht äußerten. Ausweglos ist die Lage aber nicht. Auch wenn 62 % der Aussage zustimmen, dass „die Talsohle noch lange nicht durchschritten“ ist, glauben fast ebenso viele Befragte (61 %) an eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.
Fast zwei Drittel (65 %) glauben, dass die Wirtschaft nach einer gewissen Zeit „weiterläuft wie bisher“. Knapp 60 % der Nachwuchsführungskräfte erwarten eine stärkere staatliche Regulierung, jedoch ist nur eine Minderheit (34 %) der Ansicht, dass ein langfristiges Wirtschaftswachstum staatliche Eingriffe voraussetzt.
Auf Unternehmensebene sind von den kommenden Spitzenkräften keine revolutionären Veränderungen zu erwarten. Zwar glauben 70 %, dass die Verfolgung nachhaltiger Unternehmensziele an Bedeutung gewinnen wird, und 64 % erwarten auch eine stärker an langfristigen Zielvorgaben orientierte Managervergütung. Jedoch sind nur 27 % der Ansicht, dass sich dies in einer stärkeren Betonung des Stakeholder Value niederschlagen wird.
Auch die im Zusammenhang mit der Finanzkrise häufig kritisierte Ausrichtung der Unternehmenspolitik am Shareholder Value stellt nur eine Minderheit der Befragten infrage. So glauben 28 %, dass die Orientierung am Shareholder Value an Einfluss verliert, während immerhin 51 % von einer gleichbleibenden und 17 % sogar von einer steigenden Bedeutung ausgehen.
An der aktuellen Studie beteiligten sich 302 karriereorientierte Führungskräfte unter 40 Jahren. Die Studie kann kostenfrei hier bei PricewaterhouseCoopers bestellt werden. (ots/ml)