Deutsche Konsumenten achten beim Lebensmittelkauf immer stärker auf die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen Lebensmittel produziert werden. Auch auf ein entsprechendes Engagement von Herstellern und Händlern wird zunehmend Wert gelegt. Entsprechend hat sich Corporate Responsibility (CR oder auch Corporate Social Responsibility/CSR) – sozial und ökologisch verantwortliches Management und nachhaltiges Wirtschaften – vom Außenseiterthema zum Leitgedanken großer Teile der Wirtschaft entwickelt.In einer umfassenden Studie des Kaufverhaltens deutscher Haushalte haben das Marktforschungsunternehmen GfK und das Beratungsunternehmen Roland Berger erstmals das Thema Corporate Responsibility für den Bereich der Ernährungsindustrie und des Lebensmittelhandels analysiert. Die Marktforscher vergleichen darin die Einstellungen der Konsumenten mit ihrem tatsächlichen Kaufverhalten.
Corporate Responsibility hat für den Verbraucher vielfältige Dimensionen, von eher Ich-bezogenen Themen wie Gesundheit bis zu Allgemeinwohl-Aspekten wie Umwelt- und Klimaschutz, von emotionalen Gesichtspunkten wie Kinder- und Jugendschutz bis zu eher rationalen Ansichten über Bildung und Forschung. CR ist für jeden Konsumenten relevant, aber mit unterschiedlichem inhaltlichen Schwerpunkt.
Die Studie fasst die sehr individuellen Einstellungen der Kunden in fünf idealtypische CR-Konsumenten-Typen zusammen:
- verantwortungsbewusste Engagierte,
- ich-zentrierte Genießer,
- eigenverantwortliche Familienmenschen,
- fortschrittliche Macher und
- kritisch Konsumierende.
Jeder dieser CR-Typen steht für rund 20 % der Verbraucher in Deutschland. Die jeweilige Einstellung dieser Konsumentengruppen prägt nachweislich ihr Kaufverhalten von Lebensmitteln. Die Studie belegt eindeutig, dass z.B. „Kritisch Konsumierende“ und „Verantwortungsbewusste Engagierte“ nicht nur eine positive Einstellung gegenüber Bio- und umweltfreundlichen Produkten haben; sie kaufen diese auch in weit höherem Maße als die anderen Konsumentengruppen.
Das Kaufverhalten unterscheidet sich aber nicht nur anhand einzelner Warengruppen; es wirkt sich auch auf die Wahl der Einkaufsstätte aus. So kaufen die „Kritisch Konsumierenden“ und „Verantwortungsbewussten Engagierten“ überdurchschnittlich häufig im Fachhandel, in Bio- und Supermärkten. Die „Fortschrittlichen Macher“ und „Eigenverantwortlichen Familienmenschen“ kaufen verstärkt in Verbrauchermärkten und Discountern und greifen häufiger zu Handelsmarken. Für diese Kunden steht im Mittelpunkt, beim Lebensmitteleinkauf Zeit und Geld zu sparen. „Die Kenntnis der Einstellungsprofile und des tatsächlichen Kaufverhaltens ist für Hersteller und Händler gleichermaßen wichtig, weil sie ihre Marken und Produkte zielgerichtet mit den Erwartungen ihrer Kunden verknüpfen können“, rät deshalb Regina Schmidt von Roland Berger den Unternehmen.
Nur wenn die CR-Aktivitäten des Unternehmens zu den Erwartungen der Kunden passen, wird sich dies auch in konkreten Kaufentscheidungen niederschlagen. „Direkt gewinnbringend kann eine CR-Strategie nur dann sein, wenn sich die Kernkäufergruppen durch das ökologische, soziale oder gesellschaftliche Engagement des Unternehmens angesprochen fühlen“, weiß Dietmar Pech-Lopatta von der GfK.
Ein Unternehmen, das seine Produkte überwiegend regional vertreibt, wird seine Kunden stärker mit einer Spende für den lokalen Kindergarten ansprechen, als mit einem Einsatz gegen Kinderarbeit in Entwicklungsländern. Der „Verantwortungsbewusste Engagierte“ kauft und trinkt beispielsweise überdurchschnittlich viel Tee. Ihm liegen Menschenrechte und globale Fragen besonders am Herzen. Diesen Kundentyp können Teehersteller besonders wirksam ansprechen, indem sie sich für bessere Arbeitsbedingungen in den Teeanbauländern und die Einhaltung Ressourcen schonender Anbaumethoden einsetzen.
Am Beispiel der Profile der Marken Andechser Natur, Chiquita und Hipp weist die Marktstudie eine hohe Übereinstimmung zwischen den CR-Aktivitäten der Unternehmen und den Erwartungen ihrer Käufer nach. Der zielorientierte Einsatz von CR-Aktivitäten kann also unabhängig von der Größe der Unternehmen und ihren Produkten zu einem entscheidenden Imagefaktor und Treiber des wirtschaftlichen Erfolgs werden.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) hat diese Studie angeregt, um die Unternehmen der Ernährungsindustrie zu ermutigen, ihr vielfältig vorhandenes CR-Engagement stärker in der Öffentlichkeit darzustellen. Auf der Website des Verbands sind zahlreiche Erfolgsbeispiele aufgeführt.
Die Studie Consumers’ Choice 2009 – Corporate Responsibility in der Ernährungsindustrie steht als kostenloser Download online zur Verfügung. (GfK/ml)