Bereits 17,4 % der berufstätigen Deutschen haben aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise private Altersvorsorgemodelle aufgelöst oder reduziert und 53 % wollen ihre private Altersvorsorge nicht weiter ausbauen. Bereits jeder dritte Berufstätige (32 %) kann im Alter auf keinerlei private Vorsorge mehr zugreifen. Ursache ist ein stark gestiegenes Misstrauen gegenüber der privaten Altersvorsorge. Einzige Ausnahme: die eigene Wohnimmobilie. Das ergab die Studie “Altersvorsorge in Deutschland 2009/2010″, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Postbank vor kurzem durchführte.Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat bei zwei Dritteln der Berufstätigen die Einstellung zur privaten Altersvorsorge grundlegend verändert. 32 % der Berufstätigen fragen sich derzeit, “welche privaten Anlageformen überhaupt noch Sinn machen”. Weitere 31 % haben sogar generell das “Vertrauen in Informationen zur privaten Altersvorsorge verloren”.
Ausgenommen von dieser Erosion bei der privaten Altersvorsorge bleiben nur Investitionen in ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung. Nach Angaben des Postbank-Vorstandsmitglieds Dr. Michael Meyer wollen derzeit noch mehr Berufstätige als im Vorjahr – nämlich jeder Zehnte – in nächster Zeit ein Eigenheim erwerben. Allerdings rechnen nur noch 39 % der noch nicht im Ruhestand befindlichen Deutschen damit, im Alter tatsächlich über die eigenen vier Wände verfügen zu können. Dies ist der niedrigste seit 2003 gemessene Wert.
Die Studie zeigt auch, warum die eigene Immobilie auf so großes und weiter wachsendes Interesse stößt: So betrachten 63 % aller in Deutschland Berufstätigen ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung zur Altersvorsorge als “besonders sicher”. Zum Vergleich: Die staatliche Rente wird nur von 53 % als sicher eingeschätzt. Unter den jungen Berufstätigen im Alter von 16 bis 29 Jahren sind es sogar nur knappe 51 %.
Das vor exakt einem Jahr eingeführte Angebot, Leistungen aus geförderten Riester-Verträgen auch zum Bau oder Kauf eines Eigenheims verwenden zu dürfen, findet wenig Resonanz. Zu diesem sogenannten Wohn-Riester sagen mit 46 % fast die Hälfte aller Deutschen: “Ich höre davon jetzt zum ersten Mal”. Demgegenüber hält eine breite Mehrheit von 80 % der Deutschen die Idee prinzipiell für gut, den Erwerb eines Eigenheims, das zur privaten Altersvorsorge dient, staatlich zu fördern.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass derzeit 40 % aller Deutschen eine gesetzliche Pflicht zur privaten Altersvorsorge begrüßen würden, 34 % sind gegen eine Pflichtregelung und 26 % noch unentschieden bzw. machen keine Angaben zu diesem Thema. Im Vorjahr war dieses Verhältnis noch anders: 35 % dafür, 36 % dagegen und 29 % unentschieden oder ohne Angaben. Ursache könnte sein, dass 45 % der Befragten bereits davon ausgeht, durch Folgen der Wirtschaftskrise Einbußen bei der gesetzlichen Rente erlitten zu haben.
Auch zeigt sich laut Studie gerade bei den jungen Berufstätigen ein deutlich nachlassendes Interesse an der Riester-Rente: Sagten vor einem Jahr noch 31 % der 16- bis 29-jährigen Berufstätigen, im Alter über Leistungen aus einem privat abgeschlossenen Riester-Vertrag zu verfügen, liegt dieser Wert derzeit bei 28 %. Die Ursache dafür geht ebenfalls aus der Studie hervor: Rund 4 % der jungen Berufstätigen geben an, wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise private Riester-Verträge storniert oder reduziert zu haben. Meyer: “Wenn aktuell fast doppelt so viele der jungen Berufstätigen im Vergleich zum Vorjahr – exakt sind es 19 % – sagen, ihre private Altersvorsorge künftig nicht mehr zu verstärken, muss dies alarmieren. Und hier stellt sich die Frage, ob die Ausgestaltung staatlicher Anreize zur Eigenvorsorge zu überarbeiten und attraktiver zu gestalten sind.”
Im Vergleich zum letzten Jahr ist auch die Häufigkeit deutlich gesunken, mit der sich Berufstätige in Deutschland bei einer Bank, Versicherung oder Steuer- sowie Vermögensberatern zur Altersvorsorge haben beraten lassen. 30 % aller Berufstätigen hatten ein solches Gespräch sogar bis heute noch nie. Und 63 % aller Deutschen geben derzeit an, “selten oder gar nicht” über Altersvorsorge im Familien- und Freundeskreis zu sprechen. Und das, obwohl 42 % der noch nicht in Rente oder Pension befindlichen Deutschen die eigene bisherige Altersvorsorge als “nicht ausreichend” bezeichnet.
Postbank-Vorstand Michael Meyer vermutet, dass die Menschen die Notwendigkeit zu verstärkter privater Altersvorsorge sehr wohl sehen, aber durch die Finanz- und Wirtschaftskrise vor den Kopf gestoßen wurden. Meyer warnt: Damit drohe eine langfristige Krise bei der Altersvorsorge in Deutschland. Denn was heute versäumt werde, sein später so gut wie nicht mehr aufholbar.
(Postbank/ml)