Die Geschäftslage im deutschen Mittelstand ist im Herbst 2009 zwar immer noch deutlich schlechter als vor einem Jahr, aber etwas positiver als noch im Frühjahr, meldet Creditreform. Jedes dritte Unternehmen (32,8 %; Vorjahr: 46,9 %) bewertet die aktuelle Geschäftslage mit gut oder sehr gut. 11,0 % vergeben schlechte Noten – doppelt so viele wie im Vorjahr (5,4 %). Die Summe aus negativen und positiven Einschätzungen spiegelt die Stimmung zur Geschäftslage wider. Sie liegt mit 21,8 Punkten zwar immer noch weit unter dem entsprechenden Saldo im Herbst 2008 (+41,5 Punkte), aber bereits wieder im Bereich des langjährigen Mittelwertes (+24,0 Punkte).Am stärksten hat die Wirtschaftskrise die Umsatzentwicklung des industriellen und handwerklichen Mittelstands beeinträchtigt. Nachdem im vergangenen Herbst noch gut jedes dritte Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe (35,0 %) von Umsatzsteigerungen berichtete, ist dieser Anteil in diesem Jahr auf knapp ein Fünftel (19,3 %) zurückgegangen. Fast jedes zweite Unternehmen (49,2 %, Vorjahr: 22,2 %) musste ein Umsatzminus hinnehmen. Im Fahrzeug- und Maschinenbau (66,7 bzw. 61,8 %), im Verkehrs- und Logistiksektor (60,4 %) sowie in der Chemiebranche (53,3 %) findet sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Betrieben mit Umsatzrückgängen.
Der starke Umsatzeinbruch im Verarbeitenden Gewerbe verschlechtert die Umsatzbilanz des Mittelstandes insgesamt: 37,1 % der befragten Unternehmen erleiden einen Rückgang ihrer Einnahmen (Vorjahr: 19,1 %). Aber: Trotz Rezession meldet immerhin jeder vierte Betrieb (25,2 %; Vorjahr: 34,7 %) einen Umsatzzuwachs; darunter überdurchschnittlich viele Bauunternehmen. Die staatlichen Konjunkturpakete haben die Binnenkonjunktur gestärkt und in dieser Branche für eine stabilere Entwicklung gesorgt.
So sind innerhalb der Hauptwirtschaftsbereiche vor allem im Baugewerbe viele Unternehmen (28,3 %; Vorjahr: 37,2 %) zu finden, die Umsatzsteigerungen erzielten. Im Einzelhandel sind es 27,5 % (Vorjahr: 39,7 %), im Dienstleistungssektor 27,2 % (Vorjahr: 33,5 %). An die guten Werte des Vorjahres kommt aber keiner der Hauptwirtschaftsbereiche heran.
Entsprechend verändert hat sich die Personalsituation im Mittelstand: 19,9 % der mittelständischen Unternehmen haben im Verlauf der zurückliegenden sechs Monate die Mitarbeiterzahl erhöht – 22,4 % mussten Personal abbauen. Damit haben doppelt so viele Unternehmen neue Mitarbeiter eingestellt, wie im Frühjahr 2009 vorhergesagt worden war. Damals wollte nur jeder zehnte Befragte die Belegschaft innerhalb der kommenden Monate ausweiten.
Infolge der Wirtschaftskrise hat sich die Personalpolitik des Mittelstandes verändert: Die Arbeitskräftenachfrage geht stärker als in der Vergangenheit in Richtung flexiblere Beschäftigungsformen. Von denjenigen Firmen, die im Herbst 2009 Personalaufstockungen vornahmen, haben 74,0 % neue Mitarbeiter in Vollzeit eingestellt; im Jahr zuvor waren es noch 84,0 %. Von 10,8 auf 16,1 % zugenommen hat der Anteil der Unternehmen, die sich mit Teilzeitkräften verstärkten. Wenn Personal abgebaut wurde, versuchten die Betriebe ihre Fachkräfte, die meist in Vollzeit beschäftigt sind, zu halten. Zwei Drittel der Unternehmen (67,8 %; Vorjahr: 74,3 %) trennten sich dennoch von Festangestellten.
Die weiteren Personalpläne der Unternehmen sind von Zurückhaltung geprägt. Die überwiegende Mehrheit (72,6 %) möchte die derzeitige Belegschaftsgröße unverändert lassen; jeder Neunte (10,9 %; Vorjahr: 16,9 %) plant eine Aufstockung der Mitarbeiterzahl.
Auf Zuwachs ausgerichtet ist vor allem das Dienstleistungsgewerbe: Datenverarbeitung (plus 14,0 Punkte) sowie personenbezogene und unternehmensnahe Dienstleister (plus 10,5 bzw. plus 7,0 Punkte) weisen einen positiven Saldo aus einstellungsbereiten Unternehmen und solchen, die verringern wollen, auf. Im Verarbeitenden Gewerbe (Saldo: minus 13,0 Punkte) droht dagegen eine Fortsetzung des Stellenabbaus.
Die Umsatzprognosen für die kommenden sechs Monate sind eher optimistisch. 20,7 % (Vorjahr: 29,0 %) der Unternehmen haben das Konjunkturtal bereits durchschritten und rechnen mit einem Umsatzanstieg. Jeder Vierte (25,2 %; Vorjahr: 15,9 %) befürchtet eine negative Umsatzentwicklung.
Die Investitionsbereitschaft der mittelständischen Betriebe liegt mit 40,9 % (Vorjahr: 46,6 %) im langjährigen Durchschnitt (41,2 %). Einen Großteil des Rückgangs verursacht das Verarbeitende Gewerbe. In der Industrie ist der Anteil der Unternehmen, die ein Investitionsvorhaben planen, von 54,3 auf 40,9 % gesunken.
Anders als die moderaten Umsatzerwartungen sind die Gewinnprognosen der Mittelständler weiterhin stark negativ. Rücklagen zu bilden ist damit fast unmöglich. Mit 42,3 % der Unternehmen überwiegt klar der Anteil der Pessimisten, die einen Gewinnrückgang erwarten. Knapp ein Fünftel der befragten Firmen (19,6 %) rechnet mit einem Ertragszuwachs.
Das Zahlungsverhalten der Kunden hat sich verschlechtert. Mehr Unternehmen als im vergangenen Jahr klagen über hohe Forderungsausfälle. Nur noch 37,8 % (Vorjahr: 44,4 %) der befragten Unternehmen geben dem Zahlungsverhalten ihrer Kunden gute Noten. Im Herbst 2008 verbuchten noch drei Viertel (74,3 %) der Mittelständler den Forderungseingang innerhalb der üblichen Frist von bis zu 30 Tagen. In diesem Jahr sind es nur 70,9 %. Jeder Achte (12,9 %; Vorjahr: 9,5 %) musste Forderungen in beträchtlicher Höhe (über 1,0 % bezogen auf den Umsatz) als Verlust ausbuchen.
Durch die Krise sinken die Eigenkapitalquoten im Mittelstand. Bei jedem Dritten (33,1 %; Vorjahr: 31,9 %) beträgt das Eigenkapital weniger als 10 % an der Bilanzsumme. Knapp ein Viertel der Betriebe (24,5 %; Vorjahr: 26,9 %) ist mit Eigenkapitalquoten von über 30 % sehr solide finanziert.
Die Kundenabhängigkeit des Mittelstands wirkt sich in der Krise nach wie vor zum Nachteil aus: 5 % der Mittelständler mussten im ersten Halbjahr 2009 Personal abbauen, weil Geschäftspartner insolvent sind. Im Verkehrs- und Logistiksektor ist schon jeder Zehnte betroffen (10,1 %). Wenn Kapazitäten aufgrund von Kundeninsolvenzen abgebaut wurden, trennte sich jeder Dritte (36,4 %) von mehr als fünf Mitarbeitern. Im Mittelstand sind so bereits rund 140.000 Arbeitsplätze weggefallen.
Ausführliche Daten und Analysen zur aktuellen Lage des Mittelstands bietet die Creditreform-Analyse „Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst 2009“. Die Publikation steht als kostenloser Download zur Verfügung.
(Creditreform/ml)