Finanzkrise: Ist es an der Zeit für eine Geldbremse?

Nach Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) an der Universität Kiel mehren sich die Anzeichen dafür, dass die schlim­ms­ten Zeiten der globalen Finanzkrise überwunden sein könnten, ein wirtschaftlicher Aufschwung sei in vielen Volkswirtschaften zu erkennen. Damit stellt sich nach Meinung der IfW-Ökonomen die Frage, wann es an der Zeit ist, den Ausstieg aus der reichlichen Geldversorgung während der Krise einzuleiten. Wenn die Zentralbanken weltweit beginnen, die überreichliche Liquidität aus dem Markt zu nehmen, um eine Inflationsgefahr zu bannen, könnten sie aber auch das noch zarte Pflänzchen der wirtschaftlichen Erholung gefährden oder die Unsicherheiten von Anlegern wieder verstärken.In der Publikationsreihe „Kiel Policy Brief“ setzt sich IfW-Experte Mewael F. Tesfaselassie mit der unkonventionellen Geldpolitik während der aktuellen Krise und möglichen Ausstiegsszenarien auseinander. Er macht deutlich, dass Zentralbanken dringend eine Exit-Strategie aus der Geldpolitik der Krise entwickeln und auch publik machen sollten, selbst wenn der richtige Zeitpunkt, um diese umzusetzen, noch nicht gekommen ist.

Nur so kann laut Tesfaselassie verhindert werden, dass sich Unsicherheiten von Anlegern über die Entwicklung der Finanzmärkte breitmachen und Inflationserwartungen festsetzen, die es schwierig machen, künftig für stabile Preise zu sorgen. Fed, EZB und andere Zentralbanken müssen dementsprechend deutlich machen, dass die Geldpolitik straffer wird, sobald sich die wirtschaftlichen Bedingungen normalisiert haben – aber auch erst dann.

Die ergriffenen unkonventionellen Eingriffe der Vergangenheit ermöglichen dabei auch unkonventionelle Ausstiegsstrategien: Zusätzlich zu Offenmarktgeschäften könnten die Zentralbanken Zinsen auf Einlagen von Geschäftsbanken erhöhen. So könnte überflüssige Liquidität im Bankensektor direkt von der Zentralbank aufgesaugt werden. Schwieriger wird es vermutlich, den richtigen Zeitpunkt zu finden, ab welchem Zentralbanken anfangen könnten, erworbene Wertpapiere aus der Privatwirtschaft zu verkaufen, da deren Kaufkurse krisenbedingt verzerrt waren.

Abschließend verweist der Autor der Studie darauf, dass die geldpolitische Ausstiegsstrategie mit entsprechenden Ansätzen der Fiskalpolitik abgestimmt werden müsste. Abgesehen davon, dass höhere Zinsen auf Bankeinlagen bei den Zentralbanken die Refinanzierung des Fiskus verteuern würde, müsse sich auch im Bereich der Fiskalpolitik die Einsicht durchsetzen, dass die Möglichkeiten einer stimulierenden und die Privatwirtschaft stützenden Finanzpolitik begrenzt sind. Daher sei eine klare Aufgabentrennung anzustreben: Die Finanzpolitik müsse auf einen Pfad der Nachhaltigkeit zurückkehren, während die Geldpolitik sich auf die Bekämpfung der Inflationsgefahr zu konzentrieren habe.

Die (englischsprachige) Publikation steht als kostenloser Download online zur Verfügung.

(IfW/ml)