Die Rohstoffpreise sind – verglichen mit ihren Mitte vergangenen Jahres erreichten Rekordniveaus – im vierten Quartal 2008 und im ersten Quartal 2009 zwar drastisch gesunken, in den beiden folgenden Quartalen aber auch wieder kräftig gestiegen. Der Rohstoffbericht der AIECE-Arbeitsgruppe Rohstoffpreise lässt vermuten, dass sich die Preise zum Ende dieses Jahres stabilisieren und bis Mitte 2011 lediglich in moderatem Tempo weiter steigen werden. Während die Industrieländer sich nur langsam von der Rezession erholen, geht der Hauptantrieb für die Preisentwicklung von der Zunahme der Nachfrage in den Entwicklungs- und Schwellenländern aus, insbesondere von der in China.Die Weltmarktpreise für Rohstoffe haben sich seit Anfang 2009 deutlich erholt, nachdem sie zuvor als Folge der weltweiten Rezession abgestürzt waren. Von April bis Oktober betrug der Preisanstieg mehr als 40 %.
Für den Preisanstieg bei Rohstoffen sind vor allem fünf Faktoren verantwortlich:
- Am wichtigsten war die gewaltige Zunahme der chinesischen Nachfrage, angestoßen durch das Ausgabenprogramm, das den Schwerpunkt auf öffentliche Investitionen legte, und den Aufbau von Rohstoffvorräten. Begünstigt wurden hiervon vor allem Rohstoffe für die Bauindustrie, etwa Metalle, sowie Energierohstoffe.
- Zweitens wurde bei einigen Rohstoffen die Produktion deutlich eingeschränkt. Insbesondere verfügte die chinesische Regierung die Schließung etlicher nicht wettbewerbsfähiger oder aber umwelt- bzw. gesundheitsgefährdender Unternehmen.
- Drittens trugen optimistischere Konjunkturerwartungen zu der deutlichen Preiskorrektur bei.
- Viertens schlugen sich gestiegene Produktionskosten nieder; dies war vor allem in der Landwirtschaft der Fall, was den Preisen von agrarischen Rohstoffen und Nahrungsmitteln Auftrieb gab.
- Schließlich trug die Abschwächung des Dollars zum Preisauftrieb bei Rohstoffen bei, denn sie führte zu Gewinneinbußen ausländischer Rohstoffproduzenten in deren heimischer Währung. Insbesondere die Ölpreise – Öl hat ein Gewicht von mehr als der Hälfte im HWWI-Rohstoffpreisindex – sind überdurchschnittlich gestiegen (um über 50 %). Maßgeblich waren hier ein vermindertes Angebot der OPEC und der große Energiedurst in China.
Im vierten Quartal 2009 wird sich der Anstieg der Rohstoffpreise infolge eines ausgeglicheneren Marktes nach Meinung des IfW nicht fortsetzen. Vor allem dürften sich die Rohstoffimporte Chinas abschwächen. Im Jahr 2010 sollten die Rohstoffpreise wieder steigen, allerdings nur mäßig, da die konjunkturelle Erholung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wohl nur wenig Dynamik entfalten wird.
Die AIECE-Rohstoffgruppe schätzt, dass die Weltmarktpreise für Rohstoffe, gemessen am HWWI-Index auf Dollarbasis, im Jahr 2009 um 35 % unter dem Rekordniveau des Jahres 2008 liegen werden. Im Jahr 2010 dürften sie dann um 20 % steigen. Das Auf und Ab der Preise betrifft die meisten Rohstoffe, ist jedoch besonders ausgeprägt bei Erdöl. Die Energiepreise werden gemäß der Prognose im Jahr 2009 um 38 % sinken und im Jahr 2010 um 25 % steigen.
Für die übrigen Rohstoffpreise fallen die Änderungen geringer aus – auf einen Rückgang um durchschnittlich 23 % im Jahr 2009 folgt im Jahr 2010 ein Anstieg um 12 %. Die Entwicklung der einzelnen Rohstoffgruppen wird dabei recht unterschiedlich sein. Während für Nicht-Eisen-Metalle ein ähnlich starker Anstieg wie bei Rohöl erwartet wird, dürften sich beispielsweise Ölsaaten und Pflanzenöle verbilligen, so dass sich der Abwärtstrend der letzten Zeit, der auch Getreide betraf, fortsetzt.
Die realen Rohstoffpreise erreichten ihren Tiefstand Anfang 2009. Im längerfristigen Vergleich waren sie aber selbst am Tiefpunkt noch relativ hoch. Die Preise fielen lediglich auf das Niveau des Jahres 2005 zurück und waren immer noch doppelt so hoch wie in den 1990er Jahren. Diese schwache Reaktion auf die ungewöhnlich schwere Rezession lässt sich zum Teil erklären mit einer Verschiebung der Nachfragekurve auf den Rohstoffmärkten durch das starke Wirtschaftswachstum in China. Im Ergebnis scheint der Gleichgewichtspreis vieler Rohstoffe, insbesondere derjenigen, die für die Industrieproduktion verwendetet werden, gestiegen zu sein.
(IfW/ml)