Die aktuelle Konjunkturprognose des Münchner ifo Instituts fällt gedämpft positiv aus: Im zweiten Quartal ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) saison- und kalenderbereinigt um 0,4 % und im dritten Quartal sogar um 0,7 % expandiert – dies seien sichere Zeichen dafür, dass sich in Deutschland die gesamtwirtschaftliche Produktion im Frühjahr stabilisiert habe. Durch den kräftigen Einbruch um fast 6 % im letzten Winterhalbjahr sei die gesamtwirtschaftliche Produktion – vor allem die Erzeugung in den exportabhängigen Branchen – jedoch auf einem niedrigen Niveau verblieben. Das Münchner Institut prognostiziert deshalb für 2010 eine Zunahme des realen BIP um 1,7%. 2011 werde das BIP jedoch nur noch um 1,2% steigen.Die Weltwirtschaft habe die Rezession in großen Teilen überwunden, glauben die ifo-Experten. Immerhin steigen seit dem Frühjahr 2009 Produktion und Handel wieder deutlich an – weltweit angeregt durch milliardenschwere Konjunkturprogramme, eine massiv expansive Geldpolitik und einen niedrigen Ölpreis.
Das Wirtschaftsklima hat sich zudem in allen großen Wirtschaftsregionen verbessert. Besonders ausgeprägt war der Anstieg des Wirtschaftsklimaindikators in Asien. Hier überschritt er sogar seinen langfristigen Durchschnitt. Auch in Westeuropa und Nordamerika stieg der Klimaindikator im vierten Quartal 2009 merklich an. Die aktuelle Wirtschaftslage wird zwar in allen großen Regionen noch als ungünstig bewertet, die Wirtschaftserwartungen fallen aber nahezu überall optimistisch aus.
Das Wachstumstempo werde indes niedrig bleiben, warnen die Ökonomen. Ein Kernproblem bleibe die Schwächung der internationalen Finanzmärkte. Das Bankensystem verlor große Mengen Eigenkapital. In wichtigen Industrieländern kommt eine Krise am Immobilienmarkt hinzu. Die Kreditbedingungen bleiben damit weltweit restriktiv und behindern neue Investitionen. Hinzu kommt, dass viele kreditfinanzierte Konjunkturprogramme im Prognosezeitraum auslaufen. Anzunehmen ist auch, dass demnächst die Zentralnotenbanken die geldpolitischen Zügel straffen werden.
Entwicklung in Deutschland
Diese in der Summe als Aufhellung des weltwirtschaftlichen Umfelds zu wertende Entwicklung wird maßgeblich zur konjunkturellen Besserung in Deutschland beitragen.
Die deutsche Exportwirtschaft, die im vorangegangenen Winterhalbjahr aufgrund ihres Spezialisierungsmusters vom weltweiten Nachfrageeinbruch besonders betroffen war, konnte saison- und kalenderbereinigt bereits im dritten Quartal 2009 ein Plus von 3,4 % einfahren.
Dank der Konjunkturpakete der Bundesregierung haben auch binnenwirtschaftlich die Bruttoinvestitionen wieder angezogen, ergänzt durch massive Lageraufstockungen. Die privaten Konsumausgaben sind im dritten Quartal dagegen spürbar gesunken. Weniger gekauft wurden vor allem Pkw, was nach dem Auslaufen der Verschrottungsprämie zu erwarten war.
Für das zweite Halbjahr 2009 ergibt sich im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 saison- und kalenderbereinigt eine Zunahme der Wirtschaftsleistung in Höhe von 1,2 %; im Vorjahresvergleich, der durch den starken Rückgang im Winterhalbjahr geprägt ist, ergibt sich jedoch ein Rückgang von 3,0 %. Im Gesamtjahr sinkt das reale BIP um 4,9 %. Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft bleibe damit labil, zu einem selbstragenden Aufschwung komme es nicht.
Für den Prognosezeitraum bis 2011 sieht das ifo Institut eine positive, aber gedämpfte Entwicklung vorher. Einerseits sei eine Zunahme der äußeren Wachstumsfaktoren zu erwarten, andererseits dürften auslaufende Konjunkturpakete und Kredithürden bremsend wirken. 2010 werde das reale BIP daher nur um 1,7% und 2011 sogar nur um 1,2% steigen.
Die Prognose für den deutschen Arbeitsmarkt ist gedämpft pessimistisch: Auf dem konjunkturell nachlaufenden Arbeitsmarkt werde die Beschäftigung allmählich an das niedrige Produktionsniveau angepasst werden. Die Kurzarbeit werde abnehmen, dafür die Arbeitslosigkeit zunehmen. Für das Jahr 2010 erwartet das Institut einen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen um rund 180.000 auf 3,6 Millionen. Die Verbraucherpreise dürften allerdings wenig zulegen.
Entwicklung in globalen Regionen
In den USA wird der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts zu Beginn des Jahres 2010 noch vergleichsweise kräftig sein, sich jedoch anschließend deutlich abflachen. Vor allem die Korrektur des privaten Konsums wird mit einer weiteren Zunahme der Sparquote verbunden sein und spürbar bremsend wirken. Auch die Belastungen durch die Krise im Finanzsystem sind nach wie vor enorm. Im Prognosezeitraum dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion daher vorübergehend sogar erneut leicht rückläufig sein. Es werde aber keine neue Rezession geben, glauben die ifo-Experten. Sie warnen außerdem, die Schwäche der US-amerikanischen Wirtschaft werde die Konjunktur weltweit belasten.
In Japan wird die Expansion der Wirtschaft im Prognosezeitraum zunächst schwach bleiben, ehe sie sich langsam belebt. Die private Binnennachfrage dürfte infolge der Unterauslastung der Kapazitäten und der schlechteren Lage auf dem Arbeitsmarkt nur mäßig expandieren. Der Außenhandel wird jedoch von der Belebung der Konjunktur in den Schwellenländern Asiens profitieren.
Im Euroraum wird die wirtschaftliche Expansion vorerst kräftig bleiben. Vor allem die Impulse der Fiskalpolitik in Deutschland und Frankreich dürften stimulierend wirken. Die private Binnennachfrage dürfte sich hingegen nur allmählich stabilisieren. Nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme ist damit zu rechnen, dass sich die wirtschaftliche Dynamik abflachen wird.
Die Prognose des ifo Instituts für die Weltwirtschaft lautet: Insgesamt wird das Bruttoinlandsprodukt der Welt im Jahr 2010 um 3,1 % und im Jahr 2011 um 2,6 % steigen, nachdem es im Jahr 2009 um 1,1 % zurückgegangen ist. Der Anstieg der Preise wird sich weltweit etwas beschleunigen. Der Welthandel wird im Jahr 2010 um 5 % und im Jahr 2011 um 4 % steigen, nachdem er im Jahr 2009 empfindlich um etwa 11 % zurückgegangen ist.
Die Prognose stützt sich dabei auf die Annahme, dass der Preis für Rohöl der Sorte Brent im Prognosezeitraum um 72 US-Dollar je Barrel schwankt und dass sich der Wechselkurs des Euro bei etwa 1,47 US-Dollar stabilisiert.
(ifo Institut/ml)