Wie am Mittwoch bekannt wurde, fällte der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im September ein für viele beruflich Reisende wichtiges Urteil. Er entschied, dass An- und Abreisekosten für Reisen, die aus einem beruflich veranlassten und einem privaten Teil bestehen, unter bestimmten Voraussetzungen aufgeteilt und anteilig steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden können Bisher galt das nur für abgrenzbare Kosten. Gerichtspräsident Wolfgang Spindler wertete die Entscheidung als „grundsätzliche Kehrtwende“ des BFH in dieser Frage.An- und Abreisekosten wurden von den Finanzämtern bisher als nicht abgrenzbar und damit komplett nicht absetzbar betrachtet. Voraussetzung für die anteilige Absetzbarkeit ist, dass der berufliche Teil der Reise „nicht unerheblich“ und zeitlich klar abgrenzbar ist.
Im zu entscheidenden Fall war ein IT-Spezialist im Firmenauftrag für eine volle Woche nach Las Vegas gereist, um dort an vier Tagen ganztägig an Fachveranstaltungen und Fachdiskussionen teilzunehmen. Er machte alle Kosten der Reise als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte jedoch nur die Tagungskosten an. Der IT-Spezialist klagte gegen diese Entscheidung vor dem Finanzgericht.
Das Finanzgericht gab dem Kläger teilweise recht. Es erkannte zwar nur den Abzug der Übernachtungskosten für vier Tage und der Verpflegungskosten für fünf Tage sowie der Tagungskosten an, entschied aber, dass die Flugkosten zu 4/7 als Werbungskosten ebenfalls anzuerkennen seien. Die Aufteilung dieser Kosten sei möglich, weil an den einzelnen Messetagen ganztägig berufliche Veranstaltungen stattgefunden hätten. Letzteres sah das Finanzamt anders und ging in Revision.
Der Bundesfinanzhof gab dem Urteil des Finanzgerichts und damit einer Reisekostenaufteilung – nach einer umfassenden internen Rechtsklärung – statt. Das Urteil gilt sowohl für Reisen von abhängig Beschäftigten im Auftrag des Arbeitgebers, als auch für Selbständige, die im eigenen Auftrag beruflich reisen.
Die interne Klärung vor dem Großen Senat des BFH, der nur in sehr seltenen Fällen von grundlegender Bedeutung tätig wird, war nötig geworden, weil sich die Rechtspraxis in diesem Punkt über Jahre hinweg unterschiedlich entwickelt hatte und angesichts der Häufigkeit solcher gemischt veranlassten Reisen ein hohes Interesse einer Klärung bestand. Ein wesentlicher Teil der Urteilsbegründung beschäftigt sich deshalb mit einem historischen Rückblick der entsprechenden Rechtspraxis.
Das Urteil mit seiner umfangreichen schriftlichen Begründung (GrS 1/06) kann in voller Länge im Internet nachgelesen werden.
(Bundesfinanzhof/ml)