Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit einem Urteil vom 27. Januar die Rechte von Vermietern bei Eigenbedarf deutlich gestärkt: Er entschied, dass die Eigenbedarfskündigung wegen des Wohnbedarfs einer Nichte eines klagenden Vermieters wirksam ist. Damit erweitert das Gericht den Kreis derjenigen, deren Wohnraumbedarf zu einer Eigenbedarfskündigung berechtigt. Bislang war eine solche Kündigung nur bei Wohnraumbedarf von engen Familienangehörigen, d.h. von Kindern, Eltern oder Geschwistern zulässig.
Der konkrete Fall: Im Sommer 2004 zog die damals 85-jährige Klägerin aus ihrer Eigentumswohnung in Baden-Baden aus und übersiedelte in eine nahe gelegene Seniorenresidenz. Sie vermietete die Wohnung ab September 2004 an die Beklagten zu einer monatlichen Miete von 1050 Euro. Im August 2007 übertrug die verwitwete und kinderlose Klägerin das Eigentum an der Wohnung im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihre Nichte. Sie behielt sie sich jedoch einen Nießbrauch an der Wohnung vor.
In dem Übertragungsvertrag verpflichtete sich die Nichte als Gegenleistung gegenüber der Klägerin, auf Lebenszeit deren Haushalt in der Seniorenresidenz zu versorgen und die häusliche Grundpflege der Klägerin zu übernehmen. Damit ihre Nichte einziehen konnte, kündigte die alte Dame seit August 2007 ihrem Mieter (dem Beklagten) per mehrfachen Anschreiben ihres Anwalts. Als Kündigungsgrund machte sie Eigenbedarf für die Nichte aufgrund der Pflegevereinbarung geltend. Der Mieter weigerte sich jedoch, auszuziehen.
Daraufhin erhob die Seniorin Räumungsklage beim Amtsgericht. Das Amtsgericht wies die Klage der Vermieterin jedoch ab. Das daraufhin von der Vermieterin angerufene Landgericht wies die Berufung ab. Erst der nächste Schritt, die Revision vor dem VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte Erfolg.
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat entschied, dass die Nichte der Klägerin als Familienangehörige im Sinne § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB anzusehen ist und die Eigenbedarfskündigung deshalb berechtigt war. Der Bundesgerichtshof ging in seiner Begründung sogar noch über den Einzelfall hinaus und führte aus, dass nicht nur Geschwister, sondern auch deren Kinder noch so eng mit dem Vermieter verwandt sind, dass es nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall eine besondere persönliche Beziehung oder soziale Bindung zum Vermieter besteht. (Quelle: BGH/ml)
Urteile/Beschlüsse zum Fall:
- AG Baden-Baden, Urteil vom 1. Juli 2008:
7 C 150/08- LG Baden-Baden, Urteil vom 26. Mai 2009:
2 S 9/09- BGH, Urteil vom 27. Januar 2010:
VIII ZR 159/09(Hinweis: Eventuell sind schriftliche Urteile, auf die hier verlinkt wird, zum Zeitpunkt des Abrufs bei den Gerichten noch nicht verfügbar)