Knapp drei Millionen Deutsche wollen sich in diesem Jahr ein digitales Buch kaufen – rund 700.000 mehr als im Jahr 2009. Das entspricht einem Wachstum um 32 %. Die Zahlen entstammen einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa anlässlich der heute gestarteten Leipziger Buchmesse. Für den Vizepräsidenten des Branchenverbands BITKOM, Achim Berg, sind die Gründe offensichtlich: „Digitale Bücher sind einfach praktisch. Man kann ganze Bibliotheken mitnehmen und trägt nur das Gewicht eines Lesegeräts. Auf Reisen oder an Universitäten sind E-Books erste Wahl.“Deshalb ist die Nachfrage auch eng mit dem Angebot preiswerter und komfortabler Lesegeräte eng verknüpft. Berg ist sich sicher, dass mit der Verbreitung preiswerter Netbooks und elektronischer Lesegeräte die Fangemeinde digitaler Bücher wachsen wird. Der Markt für digitale Bücher stehe derzeit erst am Anfang seiner Entwicklung.
Auch ein ausreichendes Angebot an guten und preiswerten Inhalten ist Voraussetzung für die Akzeptanz von E-Books. Immerhin: Die Zahl der elektronisch verfügbaren Titel steigt derzeit von Tag zu Tag stetig.
Der Vorteil der E-Books liegt vor allem im Fachbuchbereich auf der Hand: Digitale Bücher erleichtern die wissenschaftliche Arbeit. Wie in einem Word-Dokument kann nach Stichwörtern gesucht und können Zitatpassagen wiedergefunden werden. „Bei Fachliteratur wird sich das digitale Buch zuerst durchsetzen“, glaubt deshalb Berg.
Aufgrund des geringeren Materialverbrauchs sind E-Books zudem umweltfreundlicher und können günstiger als traditionelle Bücher angeboten werden. Die Akkus der Lesegeräte – der sogenannten E-Reader – laufen bis zu drei Tage und die Bildschirme lassen sich auch bei direkter Sonneneinstrahlung lesen.
E-Books sind vor allem bei jungen Menschen besonders beliebt. Von den 14- bis 24-Jährigen plant dieses Jahr jeder Zehnte den Kauf eines elektronischen Buches.
(BITKOM/ml)
Kommentar
Jahrelang blockierten Bedenkenträger und Pfründewahrer des deutschen Buchhandels und deutscher Buchverlage die öffentliche Akzeptanz von E-Books mit PR-Aktionen und juristischen Finten. Da wurden Breitseiten an Kolumnen gegen den angeblichen Kulturverfall durch elektronische Bücher abgefeuert und Hohelieder auf das Papier gesungen. Da wurde eine Vielzahl an Verfahren im Namen der Buchpreisbindung angestrengt, um nur ja keinen Preisvorteil bei E-Books zuzulassen. Kaum jemandem in der kulturbeflissenen Öffentlichkeit fiel dabei auf, dass das zutiefst humanistische Anliegen, Wissen möglichst breit zugänglich zu machen, hier einem Kult um die traditionelle Form geopfert wurde.
Schon einmal gab es eine solche scheinheilige Front der Traditionalisten: als um 1950 herum Heinrich Maria Ledig-Rowohlt den Rotationsdruck und das Taschenbuch einführte und viele Verleger mit traditionell gedruckten hochpreisigen Büchern ihre Angst um einen Verfall der Buchpreise mit dem gleichen Kulturmäntelchen kaschierten.
Traurig ist aber vor allem, dass es wieder einmal eines ausländischen Anbieters (Amazon) bedurfte, der Branche hierzulande klarzumachen, dass sie neue Technologien in einer globalen Wirtschaft nicht verhindern kann und nur zwei Optionen hat: Mitmachen und mitverdienen oder sich sperren und untergehen. Und so stolpern wieder einmal deutsche Unternehmen trotzig amerikanischen Wegbereitern hinterher, um die Krumen am Markt aufzulesen, statt selbst Vorreiter zu sein. Vom formalen Nachteil deutschsprachiger Literatur im entstehenden E-Book-Markt dank deutscher Zögerlichkeit wollen wir gar nicht erst sprechen.
Fazit: An Innovationen mangelt es uns Deutschen nur selten, aber an der Fähigkeit, die damit verbundenen Chancen zu sehen und nicht nur die Gefahren zu bejammern.
(ml)