Lieferengpässe im produzierenden Gewerbe drohen den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland zu bremsen. In den vergangenen Wochen hat sich die Versorgungssituation in vielen Unternehmen drastisch verschlechtert, mit der Folge, dass der normale Ablauf der Produktion zunehmend bedroht ist. Den Vulkanausbruch auf Island und die damit verbundenen Störungen im Flugverkehr sehen die meisten Unternehmen dagegen nicht als verschärfenden Faktor. Das ergab eine Blitzumfrage des Consultingunternehmens Roland Berger unter Einkaufsleitern.Die Gründe für eine Gefährdung des Aufschwungs liegen sowohl im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage als auch im verzögerten Zusammenspiel der Wertschöpfungsketten. „Auch wenn unsere Umfrage nur eine Momentaufnahme ist und sich nicht eins zu eins auf die Gesamtwirtschaft übertragen lässt, zeigt sie: Viele Unternehmen spüren zwar eine deutlich anziehende Nachfrage, aber gleichzeitig haben die Lieferengpässe in den vergangenen Wochen dramatisch zugenommen“, kommentiert Thomas Rinn von Roland Berger die Befragungsergebnisse. Etwa drei Viertel (74 %) der Unternehmen bezeichnen demnach die Situation bereits als kritisch. Hinzu kommt, dass sich die Situation durch Verzögerungseffekte in der Wertschöpfungskette eher noch verschärfen wird.
Besonders häufig treten Versorgungsprobleme bei Elektronikkomponenten, Guss- und Schmiedeteilen sowie bestimmten Rohstoffen auf, wobei in den meisten befragten Unternehmen gleich mehrere Warengruppen betroffen sind. Die Experten von Roland Berger haben unterschiedliche Gründe für die derzeitige Häufung von Lieferengpässen ermittelt: Auf der Angebotsseite wurden in der Krise durch Kurzarbeit, Personalabbau oder Fabrikstilllegungen Kapazitäten abgebaut. Diese müssen jetzt erst wieder aktiviert werden. „Das braucht Zeit, zumal viele Unternehmen noch zurückhaltend sind, weil sie Zweifel an der Nachhaltigkeit des Aufschwungs haben“, warnt Projektmanager Sebastian Durst. Dazu komme eine bewusste Verknappung des Angebots, um die Preise zu erhöhen oder stabil zu halten.
Auf der anderen Seite steht eine deutliche Zunahme der Nachfrage: 95 % der befragten Unternehmen spüren eine Belebung ihres Geschäfts und benötigen deshalb wieder mehr Rohstoffe und zugelieferte Teile. „Dass viele Unternehmen nicht mit einem so deutlichen Aufschwung gerechnet haben, verschärft die Situation zusätzlich“, glaubt Durst. Dazu komme, dass die Nachfrage je nach Produkt zum Teil heftig schwanke.
Zwei weitere Gründe für die Lieferengpässe betreffen die Wertschöpfungskette insgesamt: Einerseits haben alle Beteiligten während der Krise die Sicherheits- und Pufferbestände abgesenkt und dabei teilweise überreagiert. Andererseits ist jetzt ein gegenläufiger Effekt zu beobachten: Vor dem Hintergrund der Lieferengpässe bestellen oder reservieren die Unternehmen jetzt zum Teil mit deutlichen Sicherheitsaufschlägen, um so ihre eigene Versorgung zu sichern. Das sorgt für zusätzliche Engpässe.
Hingegen beeinflusst der Vulkanausbruch auf Island und das dadurch ausgelöste Chaos bei der Luftfracht die Lieferketten der Umfrage zufolge nur am Rande. Rund 70 % der Unternehmen davon davon aus, dass die vulkanbedingten Lieferstörungen die Lage nicht dauerhaft verschärfen.
Diese Präsentation zur Studie steht als kostenloser Download zur Verfügung.
(Roland Berger/ml)
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