Am Montagnachmittag stand im Arbeits- und Sozialausschuss des Bundestags das Thema Verlängerung der Kurzarbeit auf der Tagesordnung. Anlass der Expertenbefragung war ein Antrag der SPD-Fraktion, in dem diese unter anderem fordert, die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld auf 36 Monate auszuweiten und die Sonderregelung für die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. 12. 2011 zu verlängern. Die Begeisterung bei den anwesenden Experten hielt sich in Grenzen. Die Unsicherheit über die Auswirkungen war mit Händen zu greifen. Zwar waren sich alle zur Anhörung geladenen Experten darin einig, dass die bisherigen und von der jetzigen Regierung leicht veränderten Kurzarbeiterregelungen, sehr geeignet waren, um den Unternehmen in der Krise zu helfen. Die Mehrzahl der Experten befürworteten außerdem, dass die befristeten gesetzlichen Regelungen zur konjunkturellen Kurzarbeit noch über das Jahr 2010 hinaus gebraucht werden. Über das Wie und die Dauer der Verlängerung gingen die Meinungen aber zum Teil weit auseinander.
So begrüßte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zwar den Antrag der SPD-Fraktion, sprach sich jedoch dafür aus, die Sonderregelungen zur Übernahme der Sozialversicherungskosten bis zum 30. 06. 2012 zu verlängern. DGB-Vertreter Johannes Jakob schränkte zudem ein, dass „ist im Moment schwer absehbar“ sei, ob tatsächlich eine Bezugszeit von 36 Monaten notwendig sei. Auch die IG Metall befürwortete zwar den SPD-Vorschlag, verwies aber auf die in der Branche abgeschlossenen tarifvertraglichen Lösungen, die auf staatliche Unterstützung bei Kurzarbeit aufbauen.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnte, wenn die Sonderregelungen zu den Sozialversicherungskosten nur um ein Jahr ausgedehnt werden, wie es der Antrag der SPD vorsieht, greife das zu kurz. Andererseits schieße die Forderung der SPD, die Bezugsfrist auf 36 Monate zu verlängern, über das Ziel hinaus. Dies würde „eine nicht zu rechtfertigende Belastung der Arbeitslosenversicherung“ bewirken. Die BDA unterstütze vielmehr den Referentenentwurf eines geplanten Gesetzes von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU/CSU-Fraktion), die die Erleichterungen zur Nutzung von Kurzarbeit, die seit Januar diesen Jahres gelten, bis Frühjahr 2012 verlängern will. Ähnlich äußerte sich der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und verwies wie auch die IG Metall auf die neuen tariflichen Regelungen der Branche, die von mindestens auf das Jahr 2011 verlängerten Regelungen bei den Sozialversicherungsbreiträgen ausgehen.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach sich in ihren Stellungnahmen genau wie die Experten vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gegen eine Verlängerung der Bezugsdauer von derzeit 18 auf 24 beziehungsweise 36 Monate aus. Damit würde das Kurzarbeitergeld laut BA „den Charakter der vorübergehenden Hilfe deutlich verlassen“. Das IAB warnte vor dem „Signal für eine mittelfristig gewährte Subvention“. Dr. Manfred Schnitzler von der BA und Heino von Meyer von der OECD schlugen vor, die volle Erstattung der Sozialversicherungskosten, die derzeit nach sechs Monaten automatisch greift, an die Qualifizierung der Mitarbeiter zu knüpfen.
Sowohl von Meyer als auch Prof. Klaus Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kritisierten die Ausweitung der Regelung zur konjunkturellen Kurzarbeit über das Jahr 2010 hinaus. Zimmermann forderte: „So bald wie möglich raus!“ Alle Wirtschaftsforschungsinstitute sähen eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt voraus. Die OECD warnte in ihrer Stellungnahme vor der Gefahr, dass mit der „doppelten Subvention von Arbeitsplatzerhalt und Sozialversicherungsanspruch“ nicht zukunftsfähige Arbeitsplätze erhalten blieben. Der Einzelsachverständige Prof. Gerhard Bosch widersprach allerdings dieser Sichtweise. Er könne ”keine Anzeichen“ dafür wahrnehmen, dass Kurzarbeit den Strukturwandel behindere.
(Deutscher Bundestag/ml)