Bisher wird aus fossilem Gas Strom erzeugt. Jetzt geht eine deutsch-österreichische Kooperation den umgekehrten Weg und will damit das leidige Speicherproblem für Ökostrom lösen. Die Forscher und Unternehmer der Kooperation möchten künftig überschüssigen Strom – z. B. aus Windkraft und Photovoltaik – in ein klimaneutrales, synthetisches Methan verwandeln und in vorhandenen Gasometern und Gasleitungen speichern.Weltweit wird mehr und mehr Strom aus Wind und Sonne gewonnen. Beides sind aber keine konstanten Energielieferanten. Deshalb würde eine Zwischenspeicherung die Effizienz erheblich steigern. Bisher fehlt es jedoch an gut integrierbaren Stromspeichern für Ökostrom.
Deutschen Forschern ist es jetzt aber gelungen, die erneuerbare Elektrizität mit Hilfe eines neuen Verfahrens in synthetisches Erdgas umzuwandeln. Das Verfahren wurde vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) entwickelt. Das Verfahren zur Erdgasherstellung kombiniert erstmals die Technologien Wasserstoff-Elektrolyse und Methanisierung. Die Stuttgarter Demonstrationsanlage spaltet aus überschüssigem erneuerbarem Strom Wasser per Elektrolyse. Dabei entstehen Wasserstoff und Sauerstoff. Durch eine chemische Reaktion des Wasserstoffs mit Kohlendioxid entsteht schließlich Methan – synthetisch erzeugtes Erdgas.
Derzeit bereitet das österreichische Partnerunternehmen Solar Fuel Technology die industrielle Umsetzung vor. Eine im Auftrag von Solar Fuel in Stuttgart errichtete Demonstrationsanlage läuft bereits erfolgreich. Ab 2012 soll eine deutlich größere Anlage im zweistelligen Megawattbereich entstehen.
Die Idee hinter dieser Technik: So erzeugtes synthetisches Gas kann problemlos in die vorhandene Erdgas-Infrastruktur eingespeist, gespeichert und dem Konsumenten zugeführt oder in Gaskraftwerken wieder in Strom verwandelt werden, wenn dieser konkret gebraucht wird.
Das Speicherreservoir des deutschen Erdgasnetzes fast ein Energieäquivalent von über 200 Terawattstunden – eine Energiemenge, die für mehrere Monate ausreichen würde. Das Stromnetz verfügt nur über 0,04 Terawattstunden Speicherkapazität. Die Integration des synthetischen Gases in die Infrastruktur ist zudem äußerst einfach: Das Erdgassubstitut kann wie herkömmliches Erdgas in das Versorgungsnetz, Pipelines und Speicher eingespeist werden, um dann Erdgasautos anzutreiben oder Erdgasheizungen anzufeuern.
Die Umwandlung überschüssigen Ökostroms in Gas könnte nicht nur der Umwelt helfen und durch die höhere Effizienz Ökostrom für die Stromkunden billiger werden lassen. Es läge auch im Interesse der Stromanbieter, Ökostrom in den Phasen eines Überangebots speichern zu können – wenn z. B. nachts der Wind besonders stark weht, aber nur wenig Strombedarf herrscht. Durch derzeitge Überangebotsspitzen kommt es nämlich an den Strombörsen immer häufiger zu negativen Strompreisen.
Das neue Konzept ist nach Einschätzung des Fraunhofer-Wissenschaftlers Dr. Michael Sterner ein wesentlicher Baustein für die Integration erneuerbarer Energien in ein nachhaltiges Energiesystem. Der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Strom zu Erdgas beträgt immerhin über 60 %. Die bisher vorherrschende Speicherung durch Pumpspeicherkraftwerke ist in Deutschland laut Stern nur noch begrenzt ausbaufähig.