Einfach nur ein Produkt verkaufen? Das war gestern. Kunden im Jahr 2010 erwarten von Unternehmen individuell zugeschnittene Angebote und eine gute Beratung, die nicht mit dem Kauf des Produktes endet. Der Fachbegriff dafür heißt Solution Selling. Diese Strategie bietet vor allem mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Eine soeben an der TU Dortmund erschienene Studie ergab, dass Apotheker und Optiker Solution Selling bereits ausgezeichnet beherrschen, während Bekleidungsfachhändler und Energieversorger davon noch wenig bis nichts gehört zu haben scheinen.Zunehmend homogenere Leistungsangebote und eine starke Fokussierung auf den Preis als einziges Marketinginstrument lassen Unternehmen in den Augen der Konsumenten immer austauschbarer erscheinen. Aber ein Preiskampf kann schnell ruinös werden. Einen Ausweg aus diesem immer härter werdenden Kampf um niedrige Preise, sehen die Macher der Studie, das Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. David Woisetschläger von der TU Dortmund in einer Neuausrichtung der Firmen als Lösungsanbieter, als Solution Seller.
Ein Beispiel, was damit gemeint ist: Muss man nach einem Umzug einen neuen Telefonanschluss einrichten lassen, hat man eine große Auswahl unter verschiedenen Anbietern mit oft ähnlichen Preisen. Berät ein Anbieter aber auch, welches Internet-, TV- und Telefonpaket zur besonderen Situation des Kunden passt und übernimmt er gleich noch die Einrichtung des Kabelanschlusses und des WLANs, bietet er seinem Kunden nicht nur ein Produkt, sondern eine komplette Lösung für seine Kommunikation.
Der Studie nach verbessert das in den Augen des Kunden nicht nur das Ansehen des Unternehmens. Damit verbunden ist auch eine Reihe weiterer, positiver Nebeneffekte: Der Kunde wird zum Beispiel beim nächsten Umzug mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dasselbe Unternehmen zurückgreifen und Freunden und Bekannten von seinen positiven Erfahrungen berichten.
Die wichtigsten Stellhebel des Solution Selling sind der Umfang der Beratungsleistungen, das individuelle Zuschneiden der Leistungen auf die Kundenwünsche und die Integration verschiedener Leistungen in eine Paketlösung. „Stärkster Treiber ist dabei aber die Individualität“, betont Woisetschläger.
Manche Branchen beherrschen diese Kunst bereits in hohem Maße: Apotheker und Optiker schnitten in der Studie der TU Dortmund als Gesamtbranche durchweg sehr gut ab. Kein Wunder. Beratung und Individualität werden bei den Apotheken seit jeher großgeschrieben.
Optiker punkten nicht zuletzt deshalb, weil sie ihren Kunden durch die Auswahl an Möglichkeiten, die vielfältige Beratung und auch den Service nach dem Kauf der Brille (Reinigung, Nachstellen der Bügel) ein Paket an Leistungen schnüren, bei dem sich der Kunde sehr gut aufgehoben fühlt.
Schlusslicht sind die Energieversorger, was aufgrund der erst vor einigen Jahren umgesetzten Liberalisierung des Marktes kaum verwundert. Dass aber der traditionsreiche Bekleidungsfachhandel ebenfalls schlecht abschneidet, überrascht. Gerade bei den großen Ketten sollen Kunden vor allem über den Preis gewonnen und gehalten werden. Die Mitarbeiter sind in dieser Branche oft nur Aushilfen und daher meist nicht in der Lage, Kunden kompetent zu beraten. Auch die Individualität, die viele Modegeschäfte gerne anpreisen, leidet unter der Massenfertigung von Kleidung: Nur 36 % der Befragten hielten das Angebot des Bekleidungsfachhandels für individuell. Im Vergleich: Optiker schnitten in derselben Befragung mit fast 80 % Zustimmung ab.
Das A und O eines erfolgreichen Solution Selling ist die Mitarbeiterqualifikation, mahnt Woisetschläger. Die Mitarbeiter müssen neben fachlichen vor allem persönliche Qualifikationen mitbringen, um eine optimale Beratung des Kunden zu gewährleisten und ihm vermitteln zu können, dass man nicht nur die Produkte, sondern eine Lösung verkauft.
Der Aufwand, um als Solution Seller auftreten zu können, ist laut Studie von Branche zu Branche zwar unterschiedlich hoch – grundsätzlich könne man sich aber mit der richtigen Vorbereitung immer als Lösungsanbieter etablieren, glauben die Wissenschaftler.
Ein Kurzfassung der Studie steht als kostenloser Download im Internet bereit. Die vollständige Studie in elektronischer Form kann – ebenfalls kostenlos – per E-Mail hier angefordert werden.