Oft ist in der öffentlichen Diskussion von einer Kreditklemme im deutschen Mittelstand die Rede. Jüngste Studien zeigen, dass etwa 40 % der Unternehmen verschlechterte Bedingungen für die Beschaffung von Krediten melden, höhere Zinsen beklagen und das Gesamtvolumen der Kreditvergabe in Deutschland gesunken ist. Eine Antwort der Bundesregierung auf die Klage einer zunehmenden Kreditverknappung ist die Institution des Kreditmediators Deutschland. Wie gut kennen Unternehmen diese Einrichtung und ihre Möglichkeiten? Dieser Frage ging jetzt das Deutsche Institut für kleine und mittlere Unternehmen (DIKMU) im Rahmen einer Studie nach.
Der von der Regierung ernannte Kreditmediator hat die Aufgabe, gemeinsam mit Unternehmen, Kammern und Banken in einem Mediationsverfahren nach Finanzierungsmodellen und Lösungen für Unternehmen zu suchen, die sich an ihn wenden, weil ihnen kein Kredit gewährt wurde. Erster und derzeitiger Amtsinhaber ist seit März 2010 Hans-Joachim Metternich.
Das DIKMU hat sich Ende Juni 2010 bei den Unternehmen erkundigt, ob sie die Einrichtung des Kreditmediators Deutschland überhaupt kennen und ob dessen Hilfe bei ihnen ankommt, soweit eine solche in Aussicht gestellt wurde. Tiefergehende Erfahrungen waren angesichts der erst kurzen Zeit, die diese Institution existiert, laut Institut nicht Gegenstand der Studie.
Angesichts der derzeitigen Diskussion über eine Kreditklemme verwundert jedoch der überraschend niedrige Bekanntheitsgrad des Bundeskreditmediators: Laut Studie kennen ihn gerade einmal 39 % der 409 befragten Unternehmen. Das mag sowohl dem Fehlen einer echten Kreditklemmer als auch der kurzen Existenz der Einrichtung des Kreditmediators geschuldet sein. Gleichwohl lässt die Studie noch Potenzial für mehr Öffentlichkeitsarbeit erkennen. Immerhin gibt es bereits Erfahrungen mit Kreditmediatoren von Banken und Beratungsfirmen, aber auch mit freien Mediatoren, die eine Aussage über die Wirksamkeit der Mediation zulassen.
Der durch die Studie festgestellte Bedarf ist jedoch ebenso gering wie der Bekanntheitsgrad: 82 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie die Vermittlungsleistung eines Kreditmediators nicht benötigen. 41 Unternehmen (10 %) gaben an, dass sie grundsätzlich einen Bedarf für einen Kreditmediator hätten, einen Kreditmediator allerdings bisher noch nicht in Anspruch genommen haben.
Nur 34 Mittelständler (8 %) hatten bis zur Befragung die Dienste eines solchen Schlichters bei Streitigkeiten im Rahmen einer Kreditvergabe zwischen ihrer Bank und ihrem Unternehmen bereits genutzt. Deren Erfahrungen sind allerdings zweigeteilt: 53 % hatten positive Erfahrungen gemacht, 47 % hingegen negative Erfahrungen. Die Einschätzungen der Kreditmediatoren differierten aber deutlich je nachdem, ob ein bankinterner oder ein freier Kreditmediator genutzt wurde. Gerade einmal 39 % waren mit bankinternen Kreditmediatoren zufrieden. Im Gegensatz dazu agierten 56 % der freien Mediatoren zur Zufriedenheit der Unternehmen. Aufgrund der Unabhängigkeit und der doch recht starken Position als staatliche Stelle könnte der Kreditmediator des Bundes daher für die Unternehmen eine echte Hilfe sein.
Das deutsche Konzept des Kreditmediators hat aber auch Schattenseiten: Unternehmen, die eine Hilfe des staatlichen Kreditmediators in Anspruch nehmen wollen, müssen ein aufwendiges und formalisiertes Antragsverfahren durchlaufen. Außerdem sieht das deutsche Konzept – anders als z. B. das französische – keine eigene Kreditvergabe durch den Bund vor. Der Mediator ist darauf beschränkt, Hinweise zu geben und zu vermitteln. Darüber hinaus ist die Personalausstattung des deutschen Kreditmediators gering: Ihm stehen nur sieben Mitarbeiter zur Seite, während sein französischer Kollege einen Stab von 250 Mitarbeitern um sich versammelt. Viele Fälle wird er daher nicht bearbeiten können – bislang sind es aber immerhin schon etwa 50.
So bleibt die Frage: Was kann der Staat sonst noch tun, um die Finanzierung des deutschen Mittelstandes zu unterstützen? Die einfachste und naheliegendste Antwort lautet: Selbst fristgerecht Zahlen! Der deutsche Staat hat leider eine denkbar schlampige Zahlungsmoral. Öffentliche Aufträge werden oft erst Monate nach Rechnungsstellung beglichen – und das als größter Auftraggeber in Deutschland mit einem Auftragsvolumen von ca. 500 Milliarden Euro jährlich. Würde der Staat pünktlich zahlen, könnten sich die Unternehmen die teure Vorfinanzierung ihrer Leistungen ersparen. Die Entlastung der Unternehmen von Krediten wäre gewaltig.
Eine weitere wesentliche Hilfe brächte die Umstellung von der Soll- zur Ist-Besteuerung: Zurecht fragen die Wirtschaftsexperten des DIKMU, warum Unternehmen Steuern auf einen Betrag zahlen sollen, der noch gar nicht bei ihnen eingegangen ist? Die abzuführende Umsatzsteuer sollte grundsätzlich erst dann fällig werden, wenn die Unternehmen ihre Außenstände auch tatsächlich vereinnahmt haben.
Auch alternative Finanzierungsmodelle können helfen: Jenseits der klassischen Kredite bei den Hausbanken werden seit der Krise verstärkt alternative Finanzierungen wie Factoring, Leasing oder Minderheits- und Mitarbeiterbeteiligungen genutzt.
Die Vorschläge der DIKMU-Experten auf der Basis der Studienergebnisse lauten: Der staatliche Kreditmediator muss bekannter und seine Unterstützung, seine Antragsverfahren müssen einfacher werden. Um besser helfen zu können, sollte die Bundesregierung den Kreditmediator außerdem mit weiter reichenden Kompetenzen – u. U. sogar mit eigenen Kreditmitteln – ausstatten und seinen Personalstab aufstocken. Wenn die Bundesregierung darüber hinaus einen Beitrag zur Finanzierung des Mittelstandes leisten will, sollte sie ihre Rechnungen pünktlich begleichen und erst dann Steuern erheben, wenn das besteuerte Geld auch bei den Unternehmen tatsächlich eingenommen wurde.
Anträge für eine Kreditmediation sowie diverse zusätzliche Informationen finden Interessenten auf der Website des Kreditmediators Deutschland.