Wasserstoff gilt als Treibstoff der Zukunft. In der Öffentlichkeit wenig bekannt sind allerdings die physikalischen und chemischen Gefahrenpotenziale des Zukunftstreibstoffs. So kann das extrem leichte chemische Element Metalle, die in der Fahrzeugtechnik verwendet werden, spröde machen. Die Folge: Bauteile versagen – anders als bei mechanischem Verschleiß – schlagartig und brechen. Ein neues Speziallabor hilft jetzt bei der Suche nach Metallen, die dem Wasserstoff widerstehen können.
Im Verkehrs- und Energiebereich gilt Wasserstoff als Alternative zu fossilen Energierohstoffen wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Doch für Metalle wie Stahl, Aluminium und Magnesium, die gerade in der Fahrzeug- und Energietechnik häufig verwendet werden, ist Wasserstoff nicht unbedenklich. Dringen Wasserstoffatome in die Metalle ein – und das können sie aufgrund ihrer extrem geringen Größe – dann sinkt die Festigkeit und Verformbarkeit der Metalle. Das kann zu plötzlichem Versagen von Bauteilen und Komponenten führen. Neben dem Autotank selbst oder Teilen der Brennstoffzelle können auch Bauteile wie Kugellager betroffen sein. Diese finden sich nicht nur im Auto, sondern auch in Großlagern von Windkraftturbinen. Darüber hinaus kann Wasserstoff die Schweißnähte im Karosseriebereich angreifen.
Die Gefahr lauert nicht nur beim Betanken oder Lagern von Wasserstoff. Auch durch Korrosion oder beim Verchromen, Schweißen, Walzen oder Pressen von Karosserieteilen kann sich Wasserstoff in Metalle einlagern. Teure Schäden sind die Folge. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg haben deshalb begonnen, die Wasserstoffversprödung zu erforschen. Ihr Ziel ist es, Werkstoffe und Fertigungsverfahren zu finden, die eine Versprödung vermeiden helfen.
Für Experten:
Da das Risikopotenzial zumeist vom diffusiblen, also beweglichen Anteil des Wasserstoffs ausgeht, ist es erforderlich, diesen am gesamten Wasserstoffgehalt zu bestimmen. Durch eine Wärmebehandlung, bei der Proben kontinuierlich aufgeheizt werden, setzen die Forscher den beweglichen Anteil frei und messen ihn gleichzeitig. Darüber hinaus belasten die Experten die Materialproben mechanisch. So können sie feststellen, wie sich der Wasserstoff im Metall bei zusätzlicher Spannung verhält. Hierfür verwenden die Wissenschaftler spezielle Zugprüfmaschinen, die eine gleichzeitige mechanische Belastung und Beladung mit Wasserstoff erlauben. Anschließend bestimmen sie, wie beanspruchbar das Material ist. Für Berechnungen verwenden die Fraunhofer-Forscher atomistische und die FEM-Simulationen.
Die Ergebnisse aus ihren Labortests nutzen die Forscher für die Computersimulation, mit der sie die Wasserstoffversprödung in Metallen berechnen. Dabei setzen sie neueste Algorithmen ein, um die Wechselwirkung zwischen Wasserstoff und Metall nicht nur im atomaren, sondern auch im makroskopischen Maßstab untersuchen zu können. »Mit diesem Wissen können wir Unternehmen aus der Industrie unterstützen«, begründet Dr.-Ing. Wulf Pfeiffer, Leiter des Geschäftsfeldes Prozess- und Werkstoffbewertung das Forschungsprojekt am IWM.
(Fraunhofer IWM / ml)