Nord Stream, South Stream, Nabucco – die drei größten Pipelines, mit denen in Zukunft Europa mit Erdgas aus östlichen Regionen versorgt werden soll, tragen poetische Namen. Ganz profan spielt Erdgas für die Energieversorgung in Deutschland eine immer größere wirtschaftliche Rolle. Schon jetzt liegt der Anteil der Energie aus Erdgas bei fast 22 % aller verbrauchten Energie des Landes. Anfang der 1990er Jahre waren es gerade einmal gut 15 %. Ein Bedarf für die neuen Pipelines ist also zweifellos vorhanden. Bemerkenswert: Fast 16 % des bundesrepublikanischen Bedarfs werden noch immer aus heimischen Quellen gedeckt.
Wie eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) ergab, wird Erdgas besonders in der Stromproduktion immer beliebter, denn Gaskraftwerke können die Schwankungen der ebenfalls stark wachsenden erneuerbaren Energien am flexibelsten und schnellsten ausgleichen. In der Stromindustrie hat sich der Gasanteil deshalb zwischen 1990 und 2009 von 6,5 auf 12,9 % fast verdoppelt.
Noch wichtiger ist Erdgas aber für das Heizen von privaten Haushalten. Fast jede zweite Wohnung in Deutschland wird mit Erdgas geheizt, nur noch 30 % der Haushalte heizen mit Öl. Die Fernwärme kommt auf 12,5 %. Im Neubau spielte Erdgas lange Zeit eine beinahe dominante Rolle. Vor einem Jahrzehnt wurden fast vier von fünf Neubauwohnungen mit Gas beheizt. Heute ist es immer noch jede Zweite.
Das meiste in Deutschland verbrauchte Gas wird trotz heimischer Quellen aus anderen Ländern importiert. Die Hälfte stammt aus Europa – aus Norwegen, den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien – ein Drittel aus Russland.
Die deutschen Erdgasvorkommen liegen überwiegend im Norden der Republik – rund 95 % der Quellen befinden sich in Niedersachsen. Schleswig-Holstein steuert 3,5 % bei, der Rest entfällt im Wesentlichen auf Sachsen-Anhalt. Thüringen und Bayern fördern zwar auch Erdgas, allerdings nur in kleinsten Mengen. Mit diesen insgesamt knapp 16 % Erdgas aus eigenen Quellen wird ungefähr so viel Energie erzeugt wie mit heimischer Steinkohle. Allerdings ist der inländische Beitrag zur Gasversorgung kontinuierlich zurückgegangen. So lag er im Jahr 2009 nur noch bei 15,6 % und damit fast 8 Prozentpunkte unter dem Wert von 1991. Dieser Rückgang basiert auf zwei Entwicklungen:
- Lange Zeit ist der Gasverbrauch in Deutschland schneller gestiegen als die heimische Förderung. So stieg zwischen 1991 und 2003 die heimische Gasförderung um gut 20 %, der Verbrauch jedoch um 36 %.
- Die Erdgasförderung in Deutschland ist andererseits seit 2003 Jahr für Jahr zurückgegangen – bis 2009 um fast ein Drittel bei kaum reduziertem Gasverbrauch. Schon 2007 rutschten die geförderten Mengen unter das Niveau von 1991.
Für die Zukunft rechnen die Experten des Kölner IW damit, dass die Gasförderung in Deutschland weiter zurückgehen wird, obgleich die Reserven noch für eine Reihe von Jahren ausreichen. Eine Vielfalt von Lieferanten und Lieferwegen sei deshalb umso wichtiger – so die Experten – denn nur so sei eine sichere Versorgung mit Erdgas gewährleistet.