Das Widerrufsrecht bei Internetgeschäften, das es Verbrauchern erlaubt, Ware binnen 14 Tagen kostenfrei zurückzugeben, belastet nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) die Onlineshop-Betreiber über Gebühr. Das belege eine aktuelle gemeinsame Umfrage des DIHK und des Online-Dienstleisters Trusted Shops, an der sich knapp 400 Betreiber von Online-Shops beteiligten. Laut Umfrage werde jeder siebte über das Internet erworbene Artikel zurückgeschickt.
Aber nicht allein die Rücksendung ist ein Problem für die Händler, sondern auch der oft schlechte Zustand der Ware, so dass der Verdacht eines massenweisen gezielten Missbrauchs entsteht. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben ist besorgt: „Rund 80 % der Unternehmen klagen über Missbrauchsfälle.“ Das betreffe vor allem anlassbezogene Ware wie das Urlaubszelt, das Tauf- oder Abendkleid, die nach einmaliger Nutzung nicht mehr benötigt und dann zurückgeschickt würden.
Mit harten Folgen für die Anbieter: Ein Drittel der befragten Unternehmen gibt an, dass die zurückgesandte Ware 30 % und mehr an Wert verliert. In vielen Fällen ist ein Wiederverkauf sogar überhaupt nicht mehr möglich. Das ist z. B. bei Hygieneartikeln wie Lippenstiften, Piercing-Schmuck und Kontaktlinsen der Fall. „Zum Teil sehen sich die Händler gezwungen, bestimmte Produkte aus ihren Verkaufssortimenten ganz herauszunehmen“, warnt Wansleben.
Die Zeche für den Missbrauch zahlen letztlich Händler und ehrliche Kunden: So reduzieren 55 % der befragten Händler ihre Marge, um den Schaden auszugleichen, während weitere 35 % der Anbieter stattdessen die Preise erhöhen.
Bislang konnten Händler zumindest in besonders gravierenden Fällen vom Kunden Ersatz für die Nutzung und Verschlechterung der Ware verlangen. Die geltende Regelung in Deutschland hält der Europäische Gerichtshof jedoch für rechtswidrig, weshalb im schlimmsten Fall künftig auch noch der Anspruch des Händlers auf Wertersatz entfallen könnte. Das befürchtet jedenfalls Wansleben.
Das Bundesjustizministerium ringe zwar momentan um einen Kompromissvorschlag, der darauf abziele, den Wertersatz in veränderter Form bestehen zu lassen. „Fakt scheint jedoch, dass es in jedem Fall eine weitere Verschlechterung für die Onlineshop-Betreiber geben wird“, bedauert der DIHK-Hauptgeschäftsführer.
Die wichtigsten Ergebnisse aus der Umfrage zur Praxis des Widerrufs stehen als kostenloser Download in Internet bereit.