Die Mehrheit der Aufsichtsräte deutscher Unternehmen begrüßt die Forderung des Deutschen Corporate Governance Kodex nach einer stärkeren Einbeziehung von Frauen in die Kontrollgremien. Das ist das Fazit der Kamingespräche 2010 des Beratungsunternehmens Kienbaum. Eine gesetzliche Vorgabe lehnt jedoch die Hälfte der Spitzenmanager eindeutig ab und nur ganz wenige wollen von Männern besetzte Aufsichtsratsposten per Abwahl für Frauen freimachen.
Der Deutsche Corporate Governance Kodex fordert im § 5.4.1. für eine Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu sorgen, die der nötigen Diversität (Vielfalt, in diesem Fall: Vielfalt der Märkte und der Gesellschaft) gerecht wird. Darunter fällt auch die angemessene Berücksichtigung von Frauen. Wie sich in der Umfrage zu den Kamingesprächen ergab, erwarten immerhin bereits 57 % der Aufsichtsräte, dass ein höherer Frauenanteil in Aufsichtsräten das Erfahrungsspektrum der Gremien erweitern würde. 28 % sehen darin die Chance einer stärkeren Professionalisierung.
Wahr ist aber auch: 38 % verbinden mit einem höheren Frauenanteil lediglich eine Erfüllung regulatorischer Vorgaben und rund ein Fünftel erwartet keinerlei spürbaren Nutzen.
Sobald es um klare Vorgaben geht, lässt der gute Wille allerdings spürbar nach: So sehen 50 % der Topmanager keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Vorgabe zur Erreichung des Ziels, den Frauenanteil in deutschen Aufsichtsräten zu erhöhen. 33 % sprechen sich für eine freiwillige Selbstverpflichtung aus und lediglich 5 % befürworten eine gesetzliche Frauenquote. 85 % sprechen sich allerdings für die grundsätzliche Berücksichtigung mindestens einer Frau im Kontrollgremium aus. Immerhin 13 % befürworten die zwingende Nachbesetzung vakanter Mandate mit einer Frau. 4 % sprechen sich gar für die Abwahl bestehender männlicher Aufsichtsräte aus, um so eine Frauenquote umzusetzen.
Die von EU-Kommissarin Viviane Reding ins Spiel gebrachte Vorgabe, bis zum Jahr 2020 mindestens 40 % der Aufsichtsratsmandate durch Frauen zu besetzen, sehen viele Aufsichtsräte als durchaus realistisch an. Immerhin 41 % sagen, dass eine 30prozentige Frauenquote in den Jahren 2013 bis 2015 möglich ist. 20 % sehen eine solche Quote in den Jahren 2016 bis 2020, 9 % bereits 2010 bis 2012. Allerdings sagen auch 30 %, dass eine solche Quote erst nach 2020 realistisch umsetzbar ist.
Für die Kienbaum Kamingespräche 2010 wurden insgesamt 179 Aufsichtsräte im Rahmen einer Fachuntersuchung befragt. 58 Unternehmensvertreter aus dem Aufsichtsrat haben teilgenommen, davon 69 % börsennotierte und 59 % DAX-indizierte.