Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP geplante Einführung einer Kernbrennstoffsteuer zur Schaffung eines Sondervermögens Energie- und Klimafonds ist nach Meinung der Sachverständigen eine gute Sache. Das zeigte sich am Donnerstag anlässlich einer Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags. Mit dem Sondervermögen sollen erneuerbare Energien gefördert werden. Weniger Zustimmung als die Steuer fand allerdings die vorgesehene Befristung bis zum Jahr 2016.
Felix Christian Matthes vom Öko-Institut nannte den Fonds „aus klimapolitischer Sicht eine sehr gute Idee“. Professor Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung begrüßte die Schaffung des Fonds ebenfalls. Ihre Begründung: Er sorge indirekt für mehr Versorgungssicherheit, Wachstum und Wohlstand.
Mit dem Fonds sollen Gelder aus den Zusatzgewinnen durch die Laufzeitverlängerung abgeschöpft und für den Klima- und Umweltschutz bereitgestellt werden. Die Steuer soll bis 2016 erhoben werden und jährlich 2,3 Milliarden Euro einbringen. Claudia Kemfert nannte es sinnvoll, die Steuer nicht zeitlich zu beschränken, sondern auszuweiten.
Der Sachverständige Hans-Joachim Ziesing erklärte in seiner Stellungnahme, „angesichts der Tatsache, dass die Nutzung der Kernbrennstoffressourcen im Unterschied zu anderen Energieressourcen bislang vollständig von der Steuer befreit war, ist die Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer überfällig“. Wie schon Kemfert nannte auch Ziesing die Befristung der Steuer nicht nachvollziehbar.
Damian Ludewig (Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft) nannte die Einführung der Steuer sinnvoll – unabhängig davon, ob die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert würden oder nicht. Er verwies auf die Subventionen und die Förderung für die Atomindustrie, die seit 1950 über 300 Milliarden Euro betragen habe. Matthes und auch Ziesing bezweifelten aber, dass die 2,3 Milliarden Euro Aufkommen erreicht werden.
Andree Böhling (Greenpeace) nannte die tatsächlichen Kosten des Atomstroms viel höher als angegeben. Er sprach von einem enormen Risiko durch die länger laufenden Kraftwerke. ”Die Risiken sind größer als der Nutzen“, warnte Böhling.
Professor Eberhard Umbach (Helmholz-Gesellschaft) bezeichnete es als gute Sache, eine Abschöpfung der Gewinne vorzunehmen. Umbach meinte aber andererseits auch, dass die gesteckten Ziele wohl nicht erreicht werden würden. Mit Blick auf massive Proteste gegen Großvorhaben sagte Umbach zur Energiepolitik und dem geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien: ”Wenn das System so stark transferiert wird, dann müssen wir die Bevölkerung mitnehmen.“ Als Beispiel nannte er den Bau von Stromtrassen.
In der Stellungnahme von Markus Peek (r2b energy consultuing) heißt es, eine Verlängerung der Laufzeiten werde zu preis- und kostendämpfenden Effekten auf dem Strommarkt als auch im Bereich Klimaschutz führen.
Auf die rechtlichen Aspekte ging Professor Stefan Homburg von der Homburg Steuerberatungsgesellschaft ein: Er könne keinen Verstoß gegen EU-Recht durch die Einführung der Steuer erkennen. In Schweden gebe es eine Steuer auf Brennelemente seit den 1980er Jahren, ohne dass die EU-Kommission jemals dagegen vorgegangen sei. Die Steuer verstoße nicht gegen die Energiesteuerrichtlinie, da Brennelemente nicht Gegenstand der Richtlinie seien. Auch mit dem Grundgesetz sieht Homburg keine Probleme. Eine Verbrauchsteuer müsse sich nicht auf den Endverbraucher beziehen. Und da die Steuer nur die zusätzlichen Erträge der Kraftwerksbetreiber abschöpfen solle, handele es sich nicht um eine Erdrosselungssteuer.
Die Abschöpfungsquote, also der Teil der zusätzlichen Gewinne der Kraftwerksbetreiber, der von der Steuer abgeschöpft wird, bezifferte Bernhard Jeggle von der Landesbank Baden-Württemberg je nach Szenario in der absoluten Betrachtung auf 41,3 bis 54,5 %und in der barwertigen Betrachtung auf 52,2 bis 74,2 %.