Die Arbeitslosenzahlen gehen weiter nach unten, die Schlagzeilen über unbesetzte Stellen nehmen zu. Die Wirtschaft ruft nach Zuwanderung. Aber es gibt auch warnende Stimmen, die mahnen, zuerst die noch vorhandenen Personalkapazitäten im Inland zu nutzen. Eine der prominentesten Stimmen dieser Kritiker gehört dem Soziologen und Volkswirt Karl Brenke, Referent im Vorstand des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Er mahnt: Die Wirtschaft solle mehr Realitätssinn zeigen. Reserven gebe es in Deutschland genug. Hören Sie selbst.
In der Tat widersprechen sich Arbeitslosenzahlen und angeblicher Fachkräftemangel in einigen Bereichen des Arbeitsmarkts. So etwa, wenn arbeitslose Ingenieure händeringend nach einer Anstellung suchen, während eine riesige Ingenieurslücke klafft. Der Arbeitsmarktexperte mahnt die Unternehmen gerade in solchen Fällen, sie müssten sich schon selbst etwas anstrengen und geeignete Kräfte im Unternehmen aus- und weiterbilden, statt immer gleich nach fertigen Spezialisten zu rufen.
Brenke verweist aber darüber hinaus auf demnächst vorhandene Überhänge an gut qualifizierten Abiturienten und Studenten, die durch die vorgezogenen Abiturjahrgänge einiger großer Bundesländer entstehen werden. Auch der in Kürze bestehende Zugang für osteuropäische Fachkräfte zum hiesigen Arbeitsmarkt werde eine deutliche Erhöhung des Fachkräfteangebots mit sich bringen. Außerdem gebe es noch immer genügend Experten in den westeuropäischen EU-Ländern, die jetzt schon hier arbeiten dürfen.
Nicht zuletzt solle die Wirtschaft aber auch an das Reservoir qualifizierter älterer Arbeitnehmer denken, das angesichts der Erhöhung der Rentenaltersgrenze nicht nur wachsen wird, sondern auch aus volkswirtschaftlicher und politischer Sicht ohnehin dringend genutzt werden müsse.
(ml)