Fachkräftemangel: Kölner Institut schlägt zurück

Der Streit um den Fachkräftemangel scheint kein Ende zu nehmen. In einem Gegenangriff wehrt sich nun das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) gegen eine Kritik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, die den Streit ursprünglich auslöste. In der DIW-Publikation Wochenbericht (über die wir bereits berichteten) warf Arbeitsmarktexperte Karl Brenke den Kölner Kollegen vor, sie hätten den Fach­kräf­te­man­gel falsch berechnet. Nun unterstellen die Kölner ihrerseits dem Berliner Wissenschaftler einen methodisch unsauberen Umgang mit den Ausgangsdaten.

Brenke kritisierte in seinem Beitrag, aus der Gegenüberstellung von offenen Stellen und Arbeitslosen – wie von den Kölnern praktiziert – könne noch nicht auf Fachkräfteknapp­hei­ten geschlossen werden. Nun kontern die Kölner, diese Kritik laufe ins Leere, denn exakt diese Methode sei sowohl in der Wissenschaft als auch bei der Bundesagentur für Arbeit ein gängiges Verfahren der Engpassanalyse.

Bei dieser Rechtfertigung der eigenen Methode belassen es die Kölner allerdings nicht und gehen nun ihrerseits zum Gegenangriff über: Dem DIW-Autor seien beim Umgang mit den Daten grobe Fehler unterlaufen. Seine Methode basiere auf Aussagen, die das Angebot an Nachwuchs überschätzen und einen großen Teil des Bedarfs unterschlagen.

So behaupte er, dass allein im vergangenen Wintersemester mehr als 21.000 Maschinenbauingenieure an den heimischen Hochschulen ihren Abschluss gemacht hätten. Das aber sei falsch. Bei den 21.000 Ingenieuren handle es sich um die Gesamtzahl der Absolventen sowohl des Winter- als auch Sommersemesters.

Auch beim Gesamtbedarf an Fachkräften unterschlage das DIW eine Reihe von Berufszweigen: Zum Beispiel erfasse der Autor nicht einmal die Hälfte aller heute erwerbstätigen Ingenieure. Unberücksichtigt blieben u. a. solche, die als Hochschulprofessoren, Geschäftsführer und leitende Angestellte in innovativen Unternehmen oder als Berater gebraucht werden.

Eine ausführliche Darstellung der Einwände des IW Köln steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.

(IW Köln / ml)

Kommentar

Der von uns ursprünglich begrüßte wissenschaftliche Disput artet nun offensichtlich in Rechthaberei unter konkurrierenden Instituten aus. Im Interesse der deutschen Wirtschaft und der zahlreichen mittelständischen Unternehmen, die Fachkräfte suchen, wäre es deshalb an der Zeit, dass sich der Streit in eine gemeinsame und konstruktive Anstrengung um eine realistische Prognose verwandelt. Den Unternehmen wird es am Ende relativ egal sein, welches Institut recht behält, solange das Ergebnis stimmt. Bleibt es aber beim Pingpong gegenseitiger Vorwürfe von Fehlern, schadet das der Reputation nicht nur einzelner Institute, sondern der gesamten Branche. (ml)