Auf dem 5. Nationalen IT-Gipfel der Bundesregierung in Dresden sorgten die diesjährigen Ergebnisse der Studie Offen für die Zukunft – Offen in die Zukunft (kostenloser Download) für lebhafte Diskussionen und für Zuversicht. Über eintausend internationale Experten wurden vom Münchner Kreis gemeinsam mit weiteren Projektpartnern vor dem IT-Gipfel zur zukünftigen Bedeutung der Digitalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft befragt.
„[Die Studie] unterstreicht, wie wichtig es ist, die zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen und wirtschaftlichen Aufgaben gemeinsam anzugehen“, so Staatssekretär Hans-Joachim Otto, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
Große Chancen für Deutschland sehen befragte Experten in der Verbindung von IKT und klassischen Anwendungsindustrien (z.B. E-Energy, E-Commerce, E-Health, Embedded Systems und E-Mobility). In diesen Wachstumsmärkten habe Deutschland vor allem in der Systemintegration und Standardisierung Potenziale, die eine Vorreiter- und Spitzenposition ermöglichen. Gleiches gilt für die elektronische Vernetzung von Gegenständen des Alltags.
Es fehle in Deutschland allerdings noch zu oft an so genannten hybriden Innovationen, die neue Ideen in Produkten und Dienstleistungen mit neuen Markt- und Geschäftsstrategien kombinieren und vorantreiben. Genau das sei eine wichtige Voraussetzung für den internationalen Erfolg.
Auf den dynamischen IKT-Märkten ist es nach Meinung der Befragten sehr schwierig geworden, längerfristig zu bestehen. Marktführer seien heute viel leichter herauszufordern. Die flexiblen Wertschöpfungsnetzwerke sind offen für neue Akteure. IKT schaffe die Voraussetzung, mit relativ geringem Investitionsaufwand eine hohe Reichweite zu erzielen. Darin liegt eine Chance für KMU.
Angesichts dieser Entwicklungen müsse das europäische Defizit an Vermarktungskompetenz und unternehmerischer Initiative dringend beseitigt werden, denn der wechselseitiger Transfer und die wirtschaftliche Verwertung von Innovationen sei noch vergleichsweise gering. Das unzureichende Zusammenspiel von Entwicklern und Marketingexperten soll insbesondere die schnelle Marktreife disruptiver Innovationen behindern, die aktuell dominierende Technologien verdrängen könnten. Zu Beschleunigung der Marktreife solcher Innovationen wird sich die Einbindung neuer Geschäftsprozesse empfohlen. Ein Beispiel sei das Modell der offenen Innovation, in dem sich Unternehmen mit Hilfe der IKT für Ideen von Kunden, Lieferanten, Universitäten und sogar von Wettbewerbern öffnen.
Voraussetzung für die Entfaltung des erwarteten Nutzens von IKT in Unternehmen sind laut Studie flexible und skalierbare IT-Systeme und -Werkzeuge, die die Unternehmensgröße, die Anpassungsfähigkeit eines Systems und die Verbreitung innerhalb des Unternehmens ausreichend berücksichtigen. Die Experten fordern für den betrieblichen Bereich darüber hinaus einen Leitfaden für den kompetenten Umgang mit IKT und eine Kommunikationsetikette, die von den maßgeblichen Entscheidungsträgern im Betrieb unterstützt und praktiziert werden muss.
Für den notwendigen kulturellen Wandel, der mehr unternehmerische Initiative fördert, werden betriebliche Anreizsysteme empfohlen. Insbesondere das Instrument der Zielvereinbarung soll genutzt werden, um Innovationen und neue Geschäftsideen zu fördern. Als konkrete Maßnahmen werden die Initiierung von Spin-offs oder die Ausarbeitung von Vermarktungsplänen vorgeschlagen. Die Finanzierung von Entwicklungsprojekten und neuen Geschäftsideen wurde als hartnäckigste Barriere für die erfolgreiche Umsetzung identifiziert – vor allem in kleinen Unternehmen. Hier seien sowohl Wirtschaft als auch Politik aufgerufen, schneller mit ausreichendem Risikokapital zu agieren. Für die IKT-Industrie und die durch IKT veränderten traditionellen Industrien sind nationale und europäische Förderprogramme von hoher Relevanz. Sie sollten Elemente enthalten, die branchenübergreifende Kooperationen durch eine systematische Förderung von Verwertungsideen in Form von Joint Ventures, Projekten oder Neu- und Ausgründungen unterstützen.
Mit Blick auf die Sicherheit in der IKT loben die Experten den Datenschutz und die Datensicherheit in Deutschland. Die erreichte Standardisierung auch für neue Szenarien wie das Cloud Computing oder E-Energy sowie der neue Personalausweis und De-Mail werden als sehr gute Beiträge zu sicheren IKT-Infrastrukturen bewertet. International gültige Regelungen zum Datenschutz halten die Experten jedoch für erforderlich. Dabei müsse gewährleistet werden, dass hochwertige Sicherheitsfunktionen auch ohne Expertenwissen eingesetzt werden können. Benutzerfreundlich gestaltete Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen sollen das Risiko einer unbeabsichtigten Freigabe persönlicher Daten reduzieren.
Mit Sorge attestieren die Experten der deutschen Bevölkerung fehlendes IKT-Anwenderwissen: Drei Viertel der Deutschen verfügen nicht über die notwendigen Kenntnisse für ihre Netz- und Datensicherheit im Internet. Deshalb wird ein Gütesiegel für Informationen und Quellen im Internet befürwortet, das Vorbehalte oder Ängste abbauen hilft. Auch Bildungsmaßnahmen werden von den Befragten empfohlen. Ziel dieser Maßnahmen müsse der kompetente Umgang mit persönlichen Daten sowie die Kompetenz zur Beurteilung von Relevanz und Glaubwürdigkeit von Informationen im Internet sein. Empfohlen wird ein bundesweiter Leitfaden Leben in digitalen Welten als Basislektüre für die Internetnutzung. Die Experten empfehlen darüber hinaus die erforderliche Medienkunde in alle relevanten Schulfächer zu integrieren. Sie plädieren für eine kontinuierliche Ausbildung von Lehrern und Erziehern im Sinne einer innovativen medienadäquaten Pädagogik.
Die Studie wurde im Rahmen des Langzeitprojekts Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien und Medien gemeinsam von den Herausgebern Münchner Kreis, EICT, Deutsche Telekom, TNS Infratest, Siemens, Vodafone, SAP, Telefónica O2, ZDF sowie den Förderern Focus, VDE, Sony, Deutsche Bank, Opera und Daimler durchgeführt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als offizielles Projekt des Nationalen IT-Gipfel-Prozesses unterstützt. (Quelle: Deutsche Telekom AG/GST)