Patentanmeldungen, die in ganz Europa gelten sollen, sind eine teure und komplizierte Angelegenheit, die sich nur vermögende und damit meist große Unternehmen leisten können. Vor allem kleine und mittlere Betriebe haben da bisher das Nachsehen. Das soll sich ändern. Die Europäische Kommission hat deshalb am Dienstag einen Vorschlag vorgelegt, der es den EU-Mitgliedsstaaten erlauben soll, im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit ein einheitliches europäisches Patent zu schaffen, das erheblich weniger Kosten und Aufwand verursacht.
Der Vorschlag geht auf einen Antrag von zwölf Mitgliedstaaten zurück (Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Slowenien, Schweden und Vereinigtes Königreich). Das Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit ermöglicht es, dass nur ein Teil der Mitgliedstaaten ein solches Patent einführt und andere Länder sich der Initiative erst später oder gar nicht anschließen.
Michel Barnier, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, erklärte zum Komissionsvorschlag: „Es ist eine nicht hinnehmbare Tatsache, dass Innovatoren ihre Patente wegen der hohen Kosten nur in durchschnittlich 5 der 27 EU-Mitgliedstaaten anmelden und schützen. Jede weitere Verzögerung schadet den europäischen Erfindern.“
Das derzeitige europäische Patentsystem ist vor allem wegen der erforderlichen Übersetzungen sehr teuer und komplex. Das Europäische Patentamt (EPA), eine zwischenstaatliche europäische Patenteinrichtung, der 38 Staaten angehören (EU27 plus 11 andere europäische Länder), prüft die Patentanmeldungen und erteilt ein europäisches Patent, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Damit ein erteiltes Patent jedoch in einem Mitgliedstaat Wirkung hat, muss der Erfinder in jedem einzelnen Land, für das er den Patentschutz wünscht, eine nationale Validierung beantragen. Dieses Verfahren ist mit erheblichen zusätzlichen Übersetzungs- und Verwaltungskosten verbunden.
Ein in nur 13 Ländern validiertes europäisches Patent kann bis zu 18.000 Euro kosten, wovon allein fast 10.000 Euro auf Übersetzungskosten entfallen. Dadurch sind die Kosten eines europäischen Patents zehnmal so hoch wie in den USA (im Durchschnitt 1850 Euro). Angesichts dieser Kosten lassen die meisten Erfinder ihre Erfindung nur in sehr wenigen Mitgliedstaaten patentieren. Diese Situation hemme die Forschung, Entwicklung und Innovation und untergrabe die europäische Wettbewerbsfähigkeit, rügt deshalb die Kommission schon seit langem.
Über Vorschläge der Kommission für ein einheitliches EU-Patent wird zwar seit über zehn Jahren beraten, bislang konnte im Rat aber in der Frage der Sprachenregelung keine Einigung erzielt werden. Dem will die Kommission nun ein Ende bereiten, indem sie mit der Freigabe der Patenteinführung im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit auch eine Einführung in Teilbereichen der EU erlaubt.
Konkret schlägt die Kommission vor: Um den Zugang zum Einheitspatent zu erleichtern, soll es allen Antragstellern in der EU diskriminierungsfrei offen stehen. Ihre Erfindungen sollen dadurch in allen an der verstärkten Zusammenarbeit beteiligten EU-Ländern geschützt sein. EU-Patentanmelder, deren Landessprache nicht Englisch, Französisch oder Deutsch ist, sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Anmeldungen in einer anderen Amtssprache der Europäischen Union einzureichen. Die Kosten für die Übersetzung in eine der EPA-Verfahrenssprachen (je nach Wahl des Anmelders bei der Patentanmeldung Englisch, Französisch oder Deutsch) wären zudem erstattungsfähig.
Noch aber ist der Vorschlag nicht in Kraft. Dazu müssen erst noch der Ministerrat und das Europäische Parlament zustimmen.
(EU-Kommission / ml)