Viele Deutsche sind bekennende Verfechter des Umweltschutzes geworden – zumindest den Worten nach. Das ergab eine im Frühjahr vom Umweltbundesamt (UBA) unter rund 2000 Bundesbürgern durchgeführte Umfrage. So erwarten volle 85 % der Befragten einen konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien. 62 % waren zum Zeitpunkt der Umfrage der Ansicht, dass der Staat mehr für den Umweltschutz tun solle. 61 % sprachen sich für eine Vorreiterrolle Deutschlands in der internationalen Klimaschutzpolitik aus. Ein größeres Engagement des Staates – z. B. in Form von strengeren Gesetzen sowie von Streichungen umweltschädlicher Subventionen – erwarten rund drei Viertel der Befragten.
Nahezu alle (90 %) befragten Bürger erwarten aber auch von der Industrie und den Energieversorgern große Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz in Form einer umweltfreundlicheren Produktion. Dass die Automobilindustrie durch die Entwicklung umweltfreundlicher Autos viel tun kann, sehen rund 85 %.
Eine Mehrheit der Befragten sieht auch Möglichkeiten, selbst etwas für den Umweltschutz zu tun: 58 % können sich ein eigenes umweltfreundlicheres Konsumverhalten vorstellen. 68 % denken dabei an eine seltenere Nutzung des Autos sowie einer Reduzierung bei Flugreisen.
Viele Bundesbürger sind aber bereits heute in ihrem Verbraucherverhalten umweltbewusst: Zwei Drittel der Befragten kaufen nach eigener Aussage gezielt Produkte, die die Umwelt möglichst wenig belasten. Über die Hälfte boykottiert Produkte von Firmen, die sich nachweislich umweltschädlich verhalten. Das bekundete Umweltbewusstsein schlägt sich aber noch nicht durchgängig in einem entsprechenden Umweltverhalten nieder. So sind bislang nur 8 % der Deutschen auf Ökostrom umgestiegen.
Umweltbewusstsein und Sozialmilieus
In der Umweltbewusstseinsstudie 2010 wird erneut das Milieumodell des Sinus-Instituts verwendet. Dabei zeigen sich teilweise erhebliche milieuspezifische Unterschiede im Umweltbewusstsein und -verhalten. Vor allem das Sozialökologische Milieu ist besonders und relativ durchgängig umweltinteressiert. Die sozial benachteiligten, gelegentlich aber auch die eher konservativ eingestellten Milieus sehen zwar ebenfalls die Notwendigkeit und die Chancen von Umwelt- und Klimaschutz im Allgemeinen recht deutlich, sind aber oft zurückhaltender im Hinblick auf umweltpolitische Forderungen und Handlungsbereitschaften.
Wie die Studie aber auch zeigt, ist das Umweltbewusstsein nicht in allen Gesellschaftsschichten und -bereichen gleich stark ausgeprägt. So sind Menschen mit niedrigeren Einkommen generell deutlich seltener der Meinung, dass man für die Umwelt viel tun könnte. Beispielsweise findet zwar jeder vierte Autofahrer Car-Sharing attraktiv, darunter sind aber vor allem jüngere und gut gebildete Menschen zu finden. Überproportional vertreten diese Meinung außerdem Frauen (im Gegensatz zu Männern) und Westdeutsche (im Gegensatz zu Ostdeutschen).
Auch würde die Hälfte der Bevölkerung die Möglichkeit begrüßen, Gegenstände des täglichen Bedarfs – z. B. elektrische Haushaltsgeräte, Gartengeräte oder Renovierungsutensilien – gegen Gebühr im unmittelbaren Wohnumfeld auszuleihen. Auch hier sind Bundesbürger mit gehobener Bildung und solche mit höherem Einkommen deutlich überproportional vertreten.
Ähnliche soziale Unterschiede zeigen sich aber bei den im Umwelt- oder Naturschutz engagierten Bürgern. Deren Anteil an der Bevölkerung hat sich zwar von 4 % im Jahr 2008 auf 9 % in der aktuellen Umfrage mehr als verdoppelt, aber nach wie vor sind Mitglieder von Umwelt- und Naturschutzverbänden überdurchschnittlich häufig gut gebildet und mit einem hohen Haushaltsnettoeinkommen ausgestattet.
Die aktuelle Studie steht als kostenloser Download online zur Verfügung.