Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Gesetzentwurf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 7,50 Euro pro Stunde. Das wäre an sich keine neue Forderung, stünde dieses Mal nicht ein konkreter Termin im Raum: der 1. Mai. Denn ab diesem Termin ist der deutsche Arbeitsmarkt im Zeichen der Arbeitnehmerfreizügigkeit für alle Arbeitnehmer aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn frei zugänglich – ein Argument, das nicht so einfach vom Tisch zu wischen ist.
Die Arbeitnehmer-Freizügigkeit gestattet es nämlich den Bürgern aus nahezu allen EU-Staaten ab dem 1. Mai ohne Einschränkungen eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen. Um bis dahin einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und darüber hinausgehende Branchen-Mindestlöhne einzuführen, will die Grünen-Fraktion das Mindestarbeitsbedingungsgesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ändern. Über eine Mindestlohnkommission soll eine Lohnuntergrenze festgelegt werden, die bei mindestens 7,50 Euro pro Stunde liegen soll. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz werde für alle Branchen geöffnet, auch um Branchen-Mindestlöhne deutlich oberhalb der gesetzlichen Lohnuntergrenze zu ermöglichen, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Durch die höheren Entgelte erwarten die Grünen-Abgeordneten höhere Einnahmen für den Fiskus und die Sozialversicherungen. „Allein die mögliche Entlastungswirkung im Bereich des Arbeitslosengeldes II läge nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro bei bis zu 1,5 Milliarden Euro jährlich“, heißt es unter dem Stichwort „Kosten“ in dem Gesetzentwurf.
Mit dem Start der Arbeitnehmerfreizügigkeit werde Lohndumping in Deutschland weiter zunehmen, wenn dies nicht über die Einführung flächendeckender Mindestlöhne verhindert werde, begründen die Grünen-Abgeordneten ihren Vorstoß. Die Bundesagentur für Arbeit in ihren Prognosen davon aus, dass jährlich bis zu 140.000 zusätzlichen Arbeitskräften aus dem Ausland nach Deutschland kommen werden.