Deutschland erlebte 2010 mit einem Anstieg des privaten Konsums um 0,5 % eine erstaunlich starke Binnennachfrage nach Konsumgütern. Heute nun stellte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ihre Prognose für das Kaufverhalten der deutschen Konsumenten im laufenden Jahr vor. Demnach erwarten die Nürnberger Marktforscher für 2001 bei den Ausgaben der Privathaushalte einen nochmals deutlich kräftigeren Anstieg um 1,5 % und somit einen soliden Beitrag zum Aufschwung. Im europäischen Vergleich erweisen sich die Deutschen damit als die größten Optimisten.
Deutschland habe die Finanz- und Wirtschaftskrise mit beindruckender Dynamik hinter sich gelassen, loben die GfK-Experten. Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Krisenjahr 2009 noch um 4,7 % schrumpfte und das Land die schwerste Rezession der Nachkriegszeit durchlebte, schnellte das BIP im vergangenen Jahr um 3,6 % nach oben − so stark wie seit der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr. Im gleichen Maße wie Wirtschaftsforscher ihre Prognosen nach oben revidierten, stiegen laut Erhebungen des GfK-Konsumklimas auch die Konjunkturerwartungen der Verbraucher ab Sommer 2010 steil an.
Auch die Einkommenserwartung legte im Jahresverlauf deutlich zu. Gestartet bei 12 Indikatorpunkten im Januar stieg der Wert auf 40 Punkte im Dezember an und erreichte damit fast das Hoch der Jahre 2000 und 2001. Die deutschen Verbraucher erhofften sich vom Aufschwung einen deutlich positiven Effekt bei den Löhnen und die letzten Tarifabschlüsse bestätigen diese Erwartungshaltung.
Die positiven Rahmenbedingungen und die steigende Planungssicherheit der Verbraucher zeigten auch bei der Anschaffungsneigung ihre Wirkung, die sich von einem ohnehin hohen Niveau stabil nach oben entwickelte. Im Jahresdurchschnitt 2010 erreichte der Indikator einen Wert von 27 Punkten und stieg damit gegenüber dem bereits sehr erfreulichen Wert des Vorjahres erneut um sechs Zähler.
Auch der GfK-Konsumklimaindex zeigte entsprechend einen kontinuierlichen Aufwärtstrend und erreichte zum Jahreswechsel 2010/2011 ein Drei-Jahres-Hoch.
Die Konsumfreudigkeit der Deutschen zog auch den Handel wieder ins Plus: Laut GfK-Berechnung legten der deutsche Lebensmittelhandel und die Drogeriemärkte im letzten Jahr beim Umsatz zu. Mit einem Plus von 1,2 % erreichten sie ein Volumen von 154 Milliarden Euro und damit einen neuen Bestwert. Auch der sogenannte Non-Food-Handel, Bereiche wie Elektroartikel, Textilien, Möbel oder Heimwerkerbedarf konnten deutliche Umsatzgewinne verbuchen. Mit einer Steigerungsrate von geschätzten 2,6 % und einem Gesamtumsatz von knapp 148 Milliarden Euro erzielte das Non-Food-Segment das beste Umsatzergebnis seit dem Jahr 2002. Besonders wachstumsstark zeigten sich hier die technischen Gebrauchsgüter, zu den unter anderem die Unterhaltungselektronik, Informationstechnologie (IT), Telekommunikationsprodukte, das Fotosegment sowie Haushaltsgeräte zählen. Ihr Umsatz steigerte sich um gut 8 % auf 47 Milliarden Euro.
Bei den Verbrauchern ist ein anhaltender Trend hin zu Qualität und weg von der reinen Fokussierung auf den günstigsten Preis festzustellen. Ein Beispiel ist der Textilhandel. Die Branche erzielte im vergangenen Jahr ein Umsatzvolumen von rund 40 Milliarden Euro, wobei der Wertzuwachs 2,4 % betrug und die verkaufte Menge gleichzeitig leicht zurückging. Die Verbraucher gaben im Schnitt mehr pro gekauften Artikel aus und griffen eher zu höheren Qualitäten.
Entsprechend positiv fällt die Prognose der GfK-Experten aus: Alle genannten Trends und Entwicklungen sprechen nach Meinung der Marktforscher für eine erfreuliche Entwicklung des Konsums im Jahr 2011. Schon zum Jahresbeginn 2011 verstärkte sich der Konsumoptimismus der Deutschen weiter. Die Anschaffungsneigung stieg im Januar auf einen Wert von 41,8 Zählern − den höchsten Stand seit Dezember 2006 − und das trotz der zuletzt angestiegenen Preiserwartung. Die positiven Aussichten am Arbeitsmarkt befeuerten die Konsumstimmung noch zusätzlich.
Die GfK erwartet daher, dass der private Konsum im Jahr 2011 mit einem Plus von 1,5 % deutlich zulegt und seine Wachstumsrate gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Die neue Konsumfreude der Deutschen beflügle nicht nur den Aufschwung, sie entwickle sich auch „zu einer nachhaltigen und verlässlichen Stütze der Binnenkonjunktur“, so Professor Dr. Klaus L. Wübbenhorst, Vorstandsvorsitzender der GfK Gruppe.
Für den Lebensmittelhandel und die Drogeriemärkte prognostiziert die GfK für 2011 eine Umsatzsteigerung von circa 1,7 %. Auch im Non-Food-Handel erwarten die Experten mit geschätzten 1,7 % Zuwachs einen weiteren Umsatzschub, allerdings wird dieser nicht mehr ganz so stark wie im letzten Jahr ausfallen.
Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn ist die Konsumfreude der deutschen Verbraucher mehr als bemerkenswert. Im Verlauf des letzten Jahres koppelte sich Deutschland deutlich von den großen europäischen Volkswirtschaften ab und setzte entgegen allen Prognosen zu einem wirtschaftlichen Höhenflug an. Während das Bruttoinlandsprodukt hierzulande um 3,6 % zulegte, konnten Frankreich (+1,6 %), Großbritannien (+1,8 %) und Italien (+1,1 %) bei diesem Wachstumsschub nicht mithalten. In Spanien entwickelte sich das BIP mit einem Rückgang um 0,2 % sogar leicht negativ. Unter den bevölkerungsstarken EU-Ländern verzeichnete nur Polen (+3,5 %) eine ähnlich positive Wirtschaftsentwicklung wie Deutschland.
Noch deutlicher zeigt sich die Sonderrolle Deutschlands bei einem Vergleich der Arbeitslosenzahlen. Gegenüber dem Niveau vor der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2007 reduzierte sich europaweit nur hierzulande die Zahl der Arbeitslosen. Mit einem Rückgang von 17 % hebt sich Deutschland hier klar von seinen Nachbarn ab. Negative Spitzenreiter sind die baltischen Staaten, in denen sich die Arbeitslosigkeit mehr als verdreifachte. Auch Irland und Spanien legten bei den Arbeitslosenzahlen deutlich zu, ein Zeichen der dort stark wirkenden Immobilien- und Finanzkrise.
Die Gründe für die positive Entwicklung in Deutschland sind vielfältig. Die mit der Agenda 2010 eingeleiteten Strukturreformen haben das Land im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig gemacht. Im Krisenjahr 2009 wirkten sich die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die erweiterten Möglichkeiten zur Kurzarbeit und staatliche Konjunkturprogramme stützend auf den Arbeitsmarkt aus, so dass es kaum zu konjunkturell bedingten Entlassungen kam. Hierdurch konnte die deutsche Wirtschaft im letzten Jahr sofort reagieren, als die weltweite Nachfrage wieder anzog.
Aber der Aufschwung beflügelt nicht nur die Unternehmen, auch die Stimmung der Verbraucher hat sich nachhaltig gebessert. Galten die Deutschen früher als Angstsparer und äußerst preissensible Konsumenten, so achten sie heute immer stärker auf Qualität und geben ihr Geld gerne aus. „Die deutschen Verbraucher haben sich verändert. Bereits im Krisenjahr 2009 trotzen sie mit ihrem Konsumverhalten den negativen Schlagzeilen und seit letztem Jahr sind sie sogar die Konsum-Optimisten Europas. Der private Konsum ist mittlerweile eine stabile Säule für einen anhaltenden Aufschwung“, so das Fazit des GfK-Vorstandsvorsitzenden.