Mobiles Wissen: Pfiffige Gesetzessammlung für Apples iPad

Eine Sammlung des gesamten Privaten und Öffentlichen Bundesrechts sowie der Landesgesetze aller Länder wiegt als klassische Loseblattsammlung auf Papier gedruckt rund 10 kg und kostet mehrere hundert Euro. Die gleiche Datensammlung als App-Software für Apples Tablet-Com­puter iPad wiegt nichts – und kostet zudem nichts. Eine gute Gelegenheit für Selbständige und kleine Unternehmen, auf ein sonst kaum bezahlbares Wissen zurückzugreifen. Die mittelständische Berliner Softwarefirma ra e AG macht es möglich.

In diesem Fall läge man mit dem alten Sprichwort „Was nichts kostet, taugt auch nichts“ ausnahmsweise einmal total daneben: Die iPad-App Deutsche Gesetze der Berliner Firma ist ein geniales elektronisches Gesetzbuch für Otto Normal wie für Juristen. In einem neuartigen dreistelligen Ordnungssystem enthält es die Gesetzestexte des gesamten Privaten und Öffentlichen Bundesrechts sowie der Landesgesetze aller Länder. Die Gesetzestexte sind zudem jederzeit offline nutzbar – also auch ohne eine Internetverbindung, z. B. Im Flieger oder auf Reisen im Ausland.

Zusätzlich sind die Gesetzesvorschriften mit einer professionellen juristischen Online Datenbank Deutsche Rechtsprechung verlinkt. Mit einem Antippen des iPad wird die entsprechende Rechtsprechung zu der Vorschrift ähnlich wie in einer Suchmaschine angezeigt. Auch dieser juristische Datenbank-Service ist kostenlos. So wird erstmals gleichermaßen dem Bürger wie dem Juristen kostenlos der Inhalt und Sinn der Gesetzesvorschriften anhand der dazu ergangenen Rechtsprechung erschlossen.

Die App enthält aber noch weitere nützliche zusätzliche Funktionen: Juristische Tools, Unterhaltstabellen, Recherchen für Anwälte, ein Zeiterfassungstool, sowie einen DokuMobil reader, mit dem auf ein spezifisches Angebot des App-Anbieters für Anwälte zugegriffen werden kann.

Bei den Nutzern des iPad schlug das Produkt auf Anhieb ein. Schon wenige Tage nach dem Erscheinen katapultierten die iPad-Nutzer das App durch die Zahl ihrer Downloads auf Platz 1 der Top-Charts im App-Store. Ganz nebenbei waren sie so begeistert von der Qualität, dass das App die Traumnote 4,6 (von 5) bekam. Nur knapp 10 % der Downloader waren von der Anwendung enttäuscht.

Natürlich bietet der Hersteller die höchst nützliche Anwendung mit Hintergedanken an Folgegeschäfte an. So sollen – laut eigenen Angaben der ra e – in den nächsten Updates kostenpflichtige juristische Online Datenbanken sowie juristische Kommentarliteratur integriert sein. Als erstes Produkt wird der Kommentar Prütting zum BGB die Gesetzesarbeit ergänzen. Aber auch Nichtjuristen sollen in der nächsten Version – und zwar ohne Kosten – von neuen Inhalten profitieren: Hinzukommen soll schon im zweiten Quartal 2011 ein Modul mit praxisrelevanten Steuergesetzen.

Die Software soll darüber hinaus nicht nur Besitzern des iPad zugute kommen. Ra e ist nach eigenen Angaben bereits dabei, das App auf Tablets mit Android und Windows sowie Smartphones mit Apple OS, Googles Android und Windows Phone 7 Betriebssystem zu portieren.

iPad-Besitzer finden die App hier.

(ra e / ml)

Kommentar

Sicher wird das App der Berliner Softwareschmiede den Anbietern entsprechender Druckwerke und vergleichbarer Software sauer aufstoßen. Deshalb muss man den Mut der Berliner bewundern, sich hier mit einigen arg verkrusteten und tradierten Teilen der Verlagsbranche, aber auch mit einigen Softwareherstellern anzulegen.

Wer von den Konkurrenten aber bei dem Angebot der Berliner ra e den Impuls verspürt, „Sozialismus“ zu brüllen, sollte erst in sich gehen und bedenken: dass sich auch das Geschäftsmodell der Berliner am Ende rechnen muss – oder es dürfte ihre letzte derartige Kostenlos-Aktion gewesen sein.

Wir meinen: Unabhängig vom Gebrauchsnutzen ist diese Gesetzes-App auch und gerade wegen des Geschäftsmodells und der Marktphilosophie dahinter für alle mittelständischen Unternehmen höchst interessant. Gelingt es in Zeiten des Kostenlos-Internets vielleicht mit derartigen Mix-Angeboten ein finanziell tragfähiges inhaltsgetriebenes Geschäft zu betreiben? Wäre ich ein Verleger, würde ich über diese App nicht klagen sondern darauf hoffen, dass die Courage der Berliner Schmiede – ohne selbst ins Risiko gehen zu müssen – endlich einen Weg weist, auf dem Inhalteanbieter im Internet richtig Geld verdienen können.

Freuen wir uns außerdem doch bitte darüber, dass die Vorreiter eines (möglicherweise) erfolgversprechenden Internet-Geschäftsmodells endlich einmal nicht aus den USA  kommen, sondern aus Deutschland. Dass Amazon uns Deutschen erst zeigen musste, wie man Bücher im Internet massenwirksam verkauft, ist historisch betrachtet schon peinlich genug für die hiesige Verlagsbranche. (ml)