Das ifo Institut erwartet für die deutsche Automobilindustrie auch im Jahr 2011 eine Fortsetzung des kräftigen Wachstums in Umsatz und Produktion. Für den Jahresdurchschnitt rechnet das Münchener Institut mit einem realen Umsatzplus von gut 10 %. Für das deutliche Wachstum sprechen drei Faktoren: Die Auslandsnachfrage steigt rasant, die Inlandnachfrage tendiert stabil nach oben, und die Nachfrage nach Nutzkraftwagen hat sich nach dem drastischen Absturz im Sommer 2008 spektakulär gedreht. Mit dem Wachstum der Umsätze dürften auch die Erträge weiter steigen, da der zu erwartende Lohnkostenanstieg unter dem Umsatzwachstum bleiben dürfte, so ifo-Automobilexperte Reinhard Hild.
Allerdings bleiben Risiken bei Rohstoffpreisen und Wechselkursen sowie durch die Ereignisse in Japan und Libyen.
Im vergangenen Jahr konnte die deutsche Automobilindustrie ihre Position als umsatzstärkste deutsche Industriegruppe wieder ausbauen: Ihr Anteil am Umsatz des gesamten Verarbeitenden Gewerbes stieg auf 21,6 % (2009: 20,6 %). Damit erreichte der Automobilsektor wieder nahezu seine Vorkrisenposition (2007: 21,7 %). Grundlage war das starke Umsatzwachstum von 20,5 % auf 317,0 Milliarden Euro. Allerdings lag der reale Umsatz der Automobilindustrie im letzten Viertel des Jahres 2010 noch immer um 8,7 % unter dem bisherigen Spitzenniveau vom ersten Quartal 2008.
Besonders das Exportgeschäft beflügelt derzeit die deutsche Automobilkonjunktur. Die am Umsatz gemessene Exportquote erreichte 2010 einen Wert von 62,8 % (2007: 60,6 %). Für das Jahr 2011 erwarten die ifo-Experten ein Wachstum des Auslandsumsatzes von rund 8 %. Insgesamt hat sich der Auftragseingang aus dem Ausland real vom ersten Vierteljahr 2009 bis zum vierten Quartal 2010 um 57 % erhöht. Das mit dem Ausland abgewickelte Umsatzvolumen nahm im gleichen Zeitraum um 45 % zu.
Hinter dem starken Auslandswachstum verbergen sich erhebliche strukturelle Verlagerungen: Der in Euro gemessene Anteil Westeuropas ist von 53,3 % im Jahr 2008 auf 48,4 % in 2010 gesunken, Ostasien ist mit einer Verdopplung von 6,7 auf 13,8 % nun die zweitgrößte Abnehmerregion. Allein im Jahr 2010 konnte der Export in diese Region um 82,7 % auf insgesamt 22 Milliarden Euro ausgeweitet werden. Offensichtlich sind hier besonders sogenannte Premiumfahrzeuge gefragt, die für einen hohen Tonnenwert sorgen: Mit rund 15.754 Euro pro Exporttonne lag er erheblich über dem Durchschnittswert der gesamten Ausfuhr an automobilen Erzeugnissen (10.513 Euro pro Tonne). Eine besondere Dynamik zeigt China: Allein 2010 hat sich hier der Absatzwert deutscher Lieferung verdoppelt (+105 %), der Anteil des Landes am Gesamtausfuhrwert der deutschen Automobilindustrie stieg von 3,2 % im Jahr 2008 auf 8,6 % in 2010. Mit einem Tonnenwert von 14.437 Euro bei einem Anteil von 12,4 % an den Exporten bildete Nordamerika weiter die drittgrößte Abnehmerregion.
Der inländische Automarkt war im Jahr 2010 geprägt von den Spätfolgen der Abwrackprämie, die für ein Vorziehen eines erheblichen Teils der Käufe in das Jahr 2009 gesorgt hatte. So schrumpfte die Zulassungszahl 2010 um 23,4 %. Insgesamt aber zog die Nachfrage im Jahresverlauf bereits deutlich an: Im letzten Viertel 2010 lag der inländische Auftragseingang um 15,1 % über dem Stand vom ersten Quartal dieses Jahres. Dabei erhöhte sich der durchschnittliche Neuwagenpreis in den alten Bundesländern nach Angaben der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) von 22.730 (2009) auf 26.840 Euro (2010), also um 18,1 %, nachdem er im Jahr zuvor infolge der prämienbedingten Anreize für Kleinwagen um 15 % gesunken war.
Die Erholung der Nachfrage nach Nutzkraftwagen hat sich seit Herbst 2009 mit der Belebung der Investitionstätigkeit auch im Jahr 2010 weiter fortgesetzt. Im Jahr 2010 nahmen die inländischen Nkw-Zulassungen bereits um 16,5 % zu, die Nkw-Exporte um 53,2 % und die deutsche Nkw-Produktion um 44,1 %. Die Exportquote erhöhte sich von 64,0 % auf 68,4 %. Allerdings wurden die Produktions- und Absatzvolumina der Vorkrisenzeit bei weitem noch nicht wieder erreicht. So lag die Produktionsmenge von Nutzkraftwagen aus inländischer Fertigung 2010 noch immer um fast ein Drittel (31,2 %) unter dem Jahr 2008, der Export unterschritt das 2008er Ergebnis um 34,4 %.
Eine ausführliche Analyse steht in Form eines Auszugs aus der Ausgabe 06/2011 der Publikationsreihe ifo Schnelldienst als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.
(ifo Institut / ml)