Jede zweite (55 %) Fach- und Führungskraft der Energiebranche ist der Meinung, dass das eigene Unternehmen nicht genug Weiterbildung ermöglicht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) im Rahmen seiner Weiterbildungskampagne VDI educating durchgeführt hat. Nur 45 % der Befragten halten das Angebot ihres Unternehmens für ausreichend – Zahlen, die angesichts der Bedeutung des Energiesektors und des Entwicklungsbedarfs der Branche alarmierend sind.
Diese Zahlen offenbaren zudem eine deutliche Lücke zwischen Bedarf und Umsetzung: Denn 89,4 % der Befragten sind der Meinung, dass die Qualifikation der Mitarbeiter für ihr Unternehmen ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist. Und 80,9 % geben an, dass Weiterbildung maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitrage. Allerdings gibt es auch Firmen, die ihren Mitarbeitern das lebenslange Lernen ganz verwehren: Immerhin 9 % sagen, dass ihr Unternehmen nur in absoluten Ausnahmefällen oder nie Fortbildungsmaßnahmen anbietet.
„Die Auswertung zeigt deutlich, dass in puncto Weiterbildung noch viel zu tun ist. Bezeichnend ist vor allem die Lücke zwischen Theorie und Praxis“, mahnt Timo Taubitz, Geschäftsführer des VDI Wissensforums. „Die Unternehmen sollten den Mut haben, mehr in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren, um für die Zukunft gerüstet zu sein!“ Der VDI hatte 2008 ein Fünf-Punkte-Programm zur Weiterbildung aufgestellt, in dem er empfiehlt, mindestens 5 % der Arbeitszeit in Weiterbildung zu investieren.
Die Praxis ist aber drei Jahre danach noch immer weit von dieser Forderung entfernt: Im Durchschnitt werden in der Branche Energie derzeit 4,7 Tage pro Mitarbeiter in Weiterbildung investiert, also lediglich gut 1,8 % der Arbeitszeit. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um externe Angebote (88,5 %; Mehrfachnennungen waren möglich). Zudem bieten Unternehmen häufig interne Weiterbildungen durch eigenes Personal an (72,1 %). Inhouse-Weiterbildungen durch externe Referenten nehmen immerhin 68,3 % wahr. Noch nicht etabliert sind E-Learning-Angebote, die nur 29,8 % der Befragten nutzen.
Ein teils deutlicher Unterschied zwischen Bedarf und Umsetzung zeigt sich bei der Frage, welche Art von Kompetenzen – unternehmerische, soziale, personale und Fachkompetenz – geschult werden sollten und welche tatsächlich geschult werden.
Das Angebot an Fachkompetenzen entspricht demnach der Nachfrage. Hier wird in erster Linie spezifisches technisches Fachwissen angeboten. Bei den übrigen Kompetenzen klafft eine große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Weiterbildung in personaler Kompetenz wünschen sich 74 %, tatsächlich findet sie aber nur bei 43,1 % statt. In diesem Bereich wird vor allem Zeit- und Selbstmanagement angeboten. Soziale Kompetenz halten 73,8 % für wichtig, Weiterbildungen gibt es aber nur bei 47 %. Hier steht vor allem Führungskompetenz auf dem Programm. Unternehmerische Kompetenz beurteilen 67,2 % als grundlegend, geschult wird sie aber nur bei 40,9 %. Branchen Know-how kommt dabei an erster Stelle.
Die vielleicht wichtigste Frage galt den Zukunftstrends der Branche Energie und ihrer Bedeutung für die Weiterbildung. Hier nannten die Befragten vor allem Energieeffizienz, technische Innovationen und gesetzliche Vorgaben.