Unternehmen, die sich zu mindestens 50 % in der Hand einer Familie befinden, finanzieren ihre langfristigen Investitionen und Innovationsprojekte häufiger mit kurzfristigen Krediten als Nicht-Familienunternehmen. Dies sichert ihnen eine größere Flexibilität und Unabhängigkeit von Kapitalgebern. Dass die Unabhängigkeit mit höheren Kreditzinsen bezahlt werden müssen, nehmen die Familieunternehmen in Kauf. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die das Finanzierungsverhalten von rund 1400 Familienunternehmen mit dem von knapp 1200 Nicht-Familienunternehmen in Deutschland vergleicht.
Die Analyse zeigt deutliche Unterschiede im Finanzierungsverhalten von Familienunternehmen. So nutzen beispielsweise 30 % von ihnen zur Investitionsfinanzierung Dispositionskredite, während dies bei lediglich 19 % der Nicht-Familienunternehmen der Fall ist. Zur Finanzierung von Innovationen wiederum greifen gut 24 % der Familienunternehmen und lediglich 14 % der anderen Unternehmen auf kurzfristige Kreditformen zurück.
Die ZEW-Studie zeigt weiter, dass vor allem größere Familienunternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten signifikant häufiger als andere, ansonsten ähnliche Unternehmen, kurzfristige Kredite nutzen. Gleichzeitig weisen diese Unternehmen eine höhere Kreditwürdigkeit auf als Nicht-Familienunternehmen. Demnach kann die stärkere Nachfrage der Familienunternehmen nach kurzfristigen und teureren Finanzierungsmitteln nicht damit begründet werden, dass diesen Unternehmen keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten offen stünden. Vielmehr scheint der Wunsch nach größerer Unabhängigkeit von externen Kapitalgebern der eigentliche Grund für die Präferenz kurzfristiger, flexibel einsetzbarer Kredite zu sein. So geben vor allem die größeren Familienunternehmen an, sich bei Gefahr einer zu starken Abhängigkeit von einem Kreditgeber gegen weitere Kreditaufnahmen bei diesem zu entscheiden.