Die konjunkturelle Erholung in Deutschland ist nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) so weit fortgeschritten, dass die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten in diesem Jahr wieder normal ausgelastet sind. Im kommenden Jahr nehme die Kapazitätsauslastung sogar noch weiter zu, so die IfW-Experten. Allerdings lasse das Tempo der Expansion voraussichtlich etwas nach. Für die erste Hälfte des laufenden Jahres erwarten die Kieler Ökonomen eine leicht beschleunigte Produktionsausweitung, weil witterungsbedingte Ausfälle nachgeholt werden müssen und die zuletzt etwas schwächere Investitionstätigkeit wieder anziehen dürfte.
Für das Gesamtjahr prognostiziert das Institut einen Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsproduktes um 2,8 %. Verwendungsseitig werde der anhaltende Aufschwung in diesem Jahr zu zwei Dritteln von der Binnennachfrage getragen. Insbesondere die private Investitionsnachfrage bleibe deutlich aufwärtsgerichtet. Im nächsten Jahr werde die Wirtschaftsleistung vermutlich um 1,6 % zulegen.
Das Tempo verlangsame sich, weil die expansiven Impulse aus dem Export etwas schwächer werden und im Inland nach und nach binnenbedingte Kräfte – z. B. eine leichte Eintrübung der monetären Rahmenbedingungen und eine Verringerung der Gewinnmarge – die Konjunktur dämpfen oder zumindest weniger anschieben.
Die Beschäftigungsentwicklung bleibe im gesamten Prognosezeitraum jedoch aufwärtsgerichtet, wenn auch mit nachlassender Dynamik. Mit Arbeitslosenquoten von 7,1 % in diesem und 6,7 % im nächsten Jahr nähere sich Deutschland der Vollbeschäftigung. So die Experten.
Während das Institut für das laufende Jahr einen Verbraucherpreisanstieg von 2,2 % erwartet, liegt die Prognose für 2012 bei einer jahresdurchschnittlichen Inflationsrate von 2,0 %. In der Entwicklung der Lohnstückkosten, die im Verlauf des Prognosezeitraums spürbar anziehen dürften, sei aber eine binnenwirtschaftlich verankerte Tendenz zu einer steigenden Teuerungsrate angelegt.
Das IfW geht in seiner Prognose allerdings davon aus, dass sich der Preis für Rohöl im Laufe des Jahres wieder auf das Niveau vor dem Ausbruch der politischen Umwälzungen im arabischen Raum zurückbildet. Sollten die Spannungen länger anhalten oder auf dem Rohölmarkt gar ein Preisschock entstehen, hätte das Auswirkungen auf die tatsächliche Entwicklung.
Außerdem schwele die Staatsschuldenkrise im Euroraum weiter, so das Institut. Bislang scheine dies die Erwartungen der Unternehmen zwar kaum zu beeinträchtigen. Dies würde sich jedoch ändern, sollte sich die Lage erneut zuspitzen, warnen die Kieler Experten. Dann sei nicht auszuschließen, dass eines der hochverschuldeten Länder seinen Schuldendienst einstellt. Dies könne – da die Politik darauf vermutlich nicht vorbereitet ist – zu Turbulenzen an den Finanzmärkten führen.
Gravierende Folgen für die Konjunktur ergäben sich dann, wenn in der Folge die Zinsen auf breiter Front anzögen. Eine ähnliche Unsicherheit bestehe hinsichtlich der hohen Staatsverschuldung in anderen fortgeschrittenen Staaten.
Eine ausführliche Analyse und Prognose steht in Form des Konjunkturreports Deutsche Konjunktur im Frühjahr 2011 als kostenloser Download online zur Verfügung.