Umweltverantwortung von Unternehmen darf nicht nur ein Satz im Unternehmensprospekt bleiben. Sie muss auch gelebt werden. Dazu braucht es definierte Regeln – und eine Kontrolle im Unternehmen, auf Neudeutsch: Green-Controlling. Bisher gibt es aber erst in wenigen Unternehmen Pläne oder gar Maßnahmen zum Umgang mit ökologischen Themen im Sinne einer Green-Controlling-Agenda. Das ergab eine gemeinsame Studie des Internationalen Controller Vereins (ICV), des International Performance Research Institute (IPRI) und der Managementberatung Horváth & Partners.
Das Ziel der Studie Green Controlling – eine (neue) Herausforderung für den Controller? bestand darin, zu untersuchen, welche Unternehmensbereiche für die Wahrnehmung und Durchsetzung von ökologischer Verantwortung geeignet sind. Das Fazit: Für die aktive Rolle bei der umweltgerechten Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten (Greening) sehen sich vor allem die Controller gerüstet. Sie erwarten deswegen eine entsprechende Erweiterung ihrer Aufgaben.
Was ist Green-Controlling?
Unter Green-Controlling verstehen die Autoren der Studie eine „Unterstützungsfunktion der Führung, die eine um grüne Inhalte erweiterte Planung, Steuerung und Kontrolle im Unternehmen ermöglicht“. Hierzu sind sowohl Controllingprozesse als auch -instrumente weiterzuentwickeln.
Die befragten Controller wiesen ein hohes Bewusstsein für grüne Themen im Controlling auf. Mehrheitlich gingen sie davon aus, dass grüne Aspekte künftig in das Unternehmenscontrolling integriert werden sollten, ein isoliertes Umweltcontrolling, durchgeführt etwa durch das Umweltmanagement, sei hierdurch zu vermeiden. Nur von einer Integration ökologischer Informationen in das klassische Controlling können auch grüne Steuerungsimpulse im Unternehmen ausgehen, so das Resümee.
„Green-Controlling wird in der Theorie schon seit langem behandelt, ist aber in der Controllingpraxis bislang – auch aufgrund eines fehlenden Handlungsdrucks der Unternehmen – nur in einem begrenzten Umfang zur Anwendung gekommen“, bedauert Studienautor Johannes Isensee von der Stuttgarter IPRI. Er ist Mitglied der ICV-Ideenwerkstatt, die – mit Praktikern und Wissenschaftlern besetzt – Impulse für die Weiterentwicklung der Controller-Arbeit geben soll.
Die Prozesse, in denen grüne Themen heute am weitesten berücksichtigt werden, sind strategische und operative Planung, internes und externes Reporting sowie Risikomanagement. Darüber hinaus haben bereits Anpassungen vor allem beim Beschaffungs- und Logistikcontrolling für grüne Themen stattgefunden. Spezifische Umweltmanagementinstrumente, wie Umweltaudits, Umweltchecklisten, Stoff- und Energiebilanzen sowie Ökobilanzen, werden bei etwa 40 bis 50 % der befragten Unternehmen eingesetzt.
„Obwohl dem Green-Controlling eine hohe Relevanz zugestanden wird und es im Bewusstsein der Studienteilnehmer weit verbreitet ist, bestehen mit aktuell nur 3 % der Unternehmen eigentlich noch keine Handlungspläne zum Umgang mit grünen Themen im Controlling“, stellt Isensee fest. Die am häufigsten genannten Aufgaben für ein Green-Controlling sind „grüne Wirtschaftlichkeit nachweisen und sicherstellen“ (36 Antworten), „grüne Zielerreichung monitoren und überwachen“ (30) und „Transparenz über grüne Themen durch Kennzahlen für Planung, Steuerung und Kontrolle fördern“ (24).
Diese Auflistung unterstreiche, dass es sich beim Green-Controlling nicht um neuartige Aufgaben handelt, sondern dass es den Controllern gelingen muss, die Kernaufgaben des Controllings auf ein neues inhaltliches Feld zu übertragen und neue Informationen in die Unternehmenssteuerung zu integrieren, so Isensee weiter.
Wie die Studie auch zeigt, sind die größten Herausforderungen beim Entwickeln grüner Controlling-Lösungen Mess- und Bewertungsprobleme, für die geeignete Kennzahlen und Methoden zu entwickeln sind. Darüber hinaus müssen Wissensdefizite und Verständnisprobleme behoben, sowie Kompetenzen zwischen den Mitarbeitern des Umweltbereiches und den Controllern geklärt werden.
Siegfried Gänßlen, CEO bei Hansgrohe, ICV-Vorstandsvorsitzender und Mitglied der Ideenwerkstatt hat eine klare Vorstellung vom Umfang der Aufgaben: „Die Controller sollten künftig in der Lage sein, Faktoren für den grünen Unternehmenserfolg sowie ein grünes Image zu identifizieren und dazu beizutragen, Wettbewerbsanalysen durchzuführen und die grüne Wettbewerbsposition zu bestimmen.“ Außerdem sollen Green-Controller die Controllingsysteme, -prozesse und -werkzeuge anpassen und Investitionsrechnungen nach ökologischen Gesichtspunkten ausrichten.
Die Studienteilnehmer gehen sogar noch weiter: Der Aufgabenbereich gehe über eine nur messende und bewertende Rolle des Controllings hinaus. Green-Controller müssten auch eine Rolle als Business Partner bzw. Moderator und Berater für ökologische und ökonomische Zusammenhänge einnehmen, d. h. „Akteure im Unternehmen aktiv begleiten, beraten und Support bieten“ (22 Antworten), „Sensibilisieren und Überzeugungsarbeit leisten“ (13), „Impulse geben und, deren Implementierung im Unternehmen koordinieren“ (6).
Gänßlen abschließend: „Wir wollen die Controller ermuntern, sich mit den grünen Herausforderungen auseinanderzusetzen und damit einen Beitrag für einen langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg zu erarbeiten.“
Zur Förderung der Auseinandersetzung des Controllings mit der grünen Herausforderung will die Péter Horváth-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem ICV von diesem Jahr an jährlich die innovativste und effektivste „grüne“ Controllinglösung in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen auszeichnen. Erstmalig wird der mit 10.000 Euro dotierte Preis auf der ICV-Fachtagung 9. Controlling Competence Stuttgart CCS 2011 am 24. November verliehen. Bewerbungen können bis zum 30. Juni 2011 bei der Péter Horváth-Stiftung in Stuttgart eingereicht werden. (IPRI / ml)