Rund 23 % der in Deutschland im Jahr 2050 benötigten Primärenergie könnte aus heimischer Biomasse erzeugt werden. Das errechneten jüngst Experten der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) auf der Basis der Energieszenarien der Bundesregierung und der Potenzialzahlen des Bundesumweltministeriums. Bevor die Energie aus heimischer Biomasse einen so hohen Anteil abdecken kann, muss der Energiebedarf jedoch noch deutlich zurückgehen.
Genau das aber sieht das Energiekonzept der Bundesregierung vom September letzten Jahres vor: So soll sich der Primärenergiebedarf in Deutschland bis zum Jahr 2050 gegenüber dem Bezugsjahr 2008 von rund 14.000 auf 7000 PJ (Petajoule) halbieren.
Knapp 2200 der insgesamt 7000 PJ stammen dann möglicherweise aus Biomasse, so die Energieszenarien der Institute Prognos, EWI und GWS, die dem Energiekonzept der Bundesregierung zugrunde liegen. Dass davon wiederum 1640 PJ oder etwa 23 % des Gesamtprimärenergiebedarfs aus einheimischen Quellen kommen, ergaben Berechnungen des FNR, die im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) durchgeführt wurden: Demnach können Energiepflanzen vom Acker, Energieholz aus dem Wald, Koppelprodukte und biogene Reststoffe die benötigte Energie liefern, und zwar unter weitgehender Ausschöpfung der technisch nutzbaren heimischen Biomassepotenziale. Die restlichen knapp 600 PJ Biomasse müssten importiert werden.
Zusammensetzung des Biomassepotenzials
- Energiepflanzen: Mais, Raps, Getreide, Gräser und künftig in steigendem Maße neue Energiepflanzen sowie Agrarholz (schnell wachsende Baumarten) für Biogas, Biokraftstoffe und Festbrennstoffe
- Landwirtschaftliche Koppelprodukte und Reststoffe: Stroh und sonstige Erntereste, Gülle und Mist, Landschaftspflegematerial, usw.
- Energieholz aus dem Wald: Durchforstungsholz, Schwachholz, Kronenreste etc.
- Sonstige biogene Reststoffe: Industrierestholz, Gebrauchtholz, Klärschlamm, organische Abfälle aus Haushalten, Industrie und Gewerbe, Deponie- und Klärgas, usw.
Energiepflanzen stellen nach Ansicht der FNR-Experten das größte einheimische Biomassepotenzial dar. Bis 2050 könnte ihre Anbaufläche hierzulande auch bei Einhaltung aller Naturschutzauflagen auf bis zu 4 Millionen Hektar erweitert werden. Heute beträgt ihre Anbaufläche bei 1,8 Millionen Hektar.
Unter der Annahme eines Biomasseertrages von 10 Tonnen pro Hektar (bei 100 % Trockenmasse, Wassergehalt 0 %) und eines Brennwertes von 18,5 GJ (Gigajoule) pro Tonne ließen sich so auf einem Hektar 185 GJ und auf 4 Millionen Hektar 740 PJ erzeugen. Voraussetzung hierfür sind hohe Erträge und effiziente Umwandlungsverfahren.
Neben angebauten Energiepflanzen sind noch verschiedene Reststoffe, Koppelprodukte und Energieholz aus dem Wald verwertbar. Insgesamt ergibt sich daraus ein einheimisches Bioenergiepotenzial von rund 1640 PJ.
Damit dieses Szenario Realität wird, müssen aber noch zwei weitere Annahmen eintreffen. Erstens: Unser heutiger Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln bleibt konstant, die Anteile von Nahrungs- und Futtermittelim- und -exporten verändern sich nicht wesentlich. Zweitens: Die sogenannte Kaskadennutzung hat sich durchgesetzt, d. h. aus nachwachsenden Rohstoffen, die zunächst chemisch-technisch genutzt wurden, gewinnt man am Ende ihres Lebenszyklus Energie.