Nach Einschätzung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) dürfte der Weltmarkt für Windenergieanlagen – nach einem Rückgang der Neuinstallationen um rund 6,5 Prozent im letzen Jahr – in diesem Jahr wieder um einen hohen einstelligen Betrag wachsen und damit mindestens beim Rekord von 2009 landen. „2012 kann die globale Windindustrie dann erneut deutlich zweistellig zulegen“, glaubt Thorsten Herdan, Geschäftsführer VDMA Power Systems.
Auch der deutsche Markt wird 2011 mit rund 1800 Megawatt (MW) gegenüber 1550 MW im letzten Jahr wieder anziehen, wenn auch nur leicht. 2012 wird das Wachstum dann stark von der Entwicklung des Ausbaus der Off-Shore-Windenergie abhängig sein. Die Branche rechnet mit einem Plus von rund 10 %.
Bei den Hauptmärkten der globalen Windindustrie Europa, USA und China findet derzeit eine starke Verschiebung statt. Der Trend geht weg von den bisher führenden Märkten Europa und USA hin zu China und Indien, die bereits 2010 rund 50 % des Weltmarktes ausmachten. „China bleibt absehbar der global stärkste Markt. Er ist aber für deutsche Hersteller und auch verstärkt für Zulieferer ein schwieriges Terrain, wenn Marktbarrieren für internationale Marken etwa im Bereich der Finanzierung nicht aufgelöst und Qualitätsstandards nicht durchgesetzt werden“, warnt Thomas Richterich, CEO der Nordex SE.
Die Zeiten des Exports aus Europa seien erst einmal vorbei, glaubt Stefan Tenbrock, CEO der Winergy AG. Für die deutsche Windindustrie bedeute das, dass das Exportgeschäft zukünftig wesentlich geringer ausfallen wird als bisher, wenn sich die Verlagerung der Produktionsstandorte in die Exportmärkte weiter fortsetzt und die europäischen Märkte nicht wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren.
Als Reaktion auf Japan wird in Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern neu über den zukünftigen Energiemix diskutiert. „Die Kapazitäten für die Produktion von Windenergieanlagen und Komponenten für einen beschleunigten Ausbau in Deutschland, Europa und weltweit sind verfügbar“, versichert Richterich. Windenergieanlagen könnten binnen weniger Monate gebaut und errichtet werden. Auch für neue fossile Kraftwerke seien ausreichend Produktionskapazitäten vorhanden.
Allerdings dürfe der Netzausbau nicht weiter hinterher hinken. Nach der Netzstudie dena I aus dem Jahr 2005 sollten bis 2015 rund 850 km neue Stromtrassen mit einem damals kalkulierten Investitionsvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro verlegt werden. „Tatsächlich wurden bis 2010 aber erst 90 km umgesetzt“, so Herdan. Teil II der dena Netzstudie aus 2010 hält für etwa 40 % erneuerbare Energie im Kraftwerksmix bis 2020/2025 sogar 1600 bis 3500 km Kabel oder Freileitungen erforderlich. Das bedeutet je nach Technologie voraussichtlich jährliche Netzkosten von 900 Millionen bis zu 1,6 Milliarden Euro für neue Netze an Land und im Meer, inklusive Betriebs- und Kapitalkosten.
Allein Für Off-Shore-Netze müssen die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und 50Hertz demnach jährlich 350 Millionen Euro aufbringen. Thorsten Herdan: „Die Kapitalkosten können die gerade gegründeten KMU kaum alleine stemmen. Eine nationale Netzgesellschaft könnte hier helfen.“
Auch in China kann der Ausbau der Netze laut Richterich mit dem Anschluss der bereits fertig installierten Anlagen nicht Schritt halten. In China bestehe eine Diskrepanz zwischen den aufgestellten und an das Netz angeschlossenen Anlagen von rund 3000 bis 4000 MW. Allerdings verzögere sich dort die Netzanbindung gegenüber der Installation nur um rund drei bis sechs Monate, da das Verlegen neuer Leitungen in China recht schnell gehe. „Dieses Tempo kann man sich in Deutschland nur wünschen“, Richterich leicht ironisch.
Tenbrock warnt: „Neben dem Netzausbau muss die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes Vorrang haben, sonst werden hierzulande in den kommenden Jahren keine Investitionen getätigt. Verzögerungen würden die dringend notwendige Planungssicherheit für Hersteller und Zulieferer stören.“
Thorsten, VDMA Power Systems Geschäftsführer Herdan sieht ebenfalls Handlungsbedarf: Es gelte die energiepolitischen Rahmenbedingungen im EEG schnell anzupassen und administrative Hemmnisse wie Höhenbegrenzungen oder kaum erfüllbare Schallschutzanforderungen aufzuheben, um den Ausbau der Windenergie an Land und im Meer nicht zu bremsen.