Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem am 12. Mai 2011 verkündeten Urteil entschieden, dass das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG), das seit Dezember 2006 anerkannten Umweltvereinigungen den Zugang zu Gerichten ermöglicht, die Vorgaben des europäischen Rechts nicht vollständig umsetzt. Deutschland muss nun das UmwRG an das europäische Recht anpassen. Bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung können sich anerkannte Umweltvereinigungen zur Begründung ihrer Klagerechte unmittelbar auf europäisches Recht berufen.
Ausgangspunkt war eine Klage des BUND Nordrhein-Westfalen gegen die Zulassung eines Steinkohlekraftwerks in Lünen. Das damit befasste Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen war sich selbst unsicher, ob die aktuelle Rechtslage den EU-Gesetzen entspricht, und legte den Fall zur Vorentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vor. Das entspricht immer dann einem üblichen Verfahren, wenn höhere Gerichte den Verdacht hegen, dass nationales Recht noch nicht ausreichend an geltendes EU-Recht angepasst wurde.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen begrüßte daher, dass mit dem Urteil jetzt Rechtsklarheit herrscht: „Es stellt sich immer mehr heraus, dass die frühzeitige Beteiligung von Bürgern und Verbänden bei großen Infrastrukturvorhaben am Ende der Akzeptanz und damit der Realisierbarkeit dient. Das sollten wir bei der Umsetzung des Urteils berücksichtigen.“
Nach Ansicht des EuGH wird der Zugang von Umweltverbänden zu Gerichten in Deutschland unzulässig eingeschränkt. Anerkannte Umweltvereinigungen können bisher nur Verletzungen von Umweltvorschriften rügen, die auch betroffene Bürger zu einer Klage berechtigen würden. Das schließt bisher Klagen von Umweltverbänden aus, die sich gegen die Verletzung von gesetzlichen Bestimmungen allgemeiner Art richten, z. B. Vorsorgeregelungen im Immissionsschutzrecht oder weite Teile des Gewässerschutzrechts.
Das europäische Recht verlangt jedoch nach Ansicht des EuGH einen weitergehenden Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Dem Urteil zufolge müssen Umweltverbände zumindest alle für die Zulassung eines Vorhabens maßgeblichen Umweltvorschriften vor Gericht geltend machen können, die auf Recht der Europäischen Union basieren.
Eine Zusammenfassung des Falles aus Sicht der Umweltorganisation BUND steht hier im Netz zur Verfügung.