Deutsche Familienunternehmen sind im Ausland höchst aktiv. Die meisten von ihnen erwarten auch in diesem Jahr steigende Exporte. Viele Familienunternehmen sehen vor allem Indien als kommenden Auslandsmarkt. China dürfte in naher Zukunft sogar den bisherigen Spitzenreiter Frankreich als Hauptexportziel ablösen. Das ergab eine aktuelle Befragung von rund 400 der knapp 2700 größten Familienunternehmen Deutschlands. Sie wurde im Rahmen einer gemeinsamen Studie der Deutschen Bank, des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn durchgeführt.
Die Befragung zeigt darüber hinaus, dass mehr als drei Viertel (84,2 %) der Familienunternehmen den Wirtschaftsstandort Deutschland positiv bewerten. Fast jeder vierte Unternehmer (23,4 %) beurteilte die Attraktivität Deutschlands sogar als deutlich höher im Vergleich zum Ausland. Hierzu beigetragen hat, dass Deutschland hinsichtlich der Lohnstückkosten gegenüber anderen Volkswirtschaften erheblich an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat.
Auch die wirtschaftlichen Aussichten für 2011 bewerten die Unternehmen positiv. Allerdings fürchten viele Familienunternehmen, dass sich die Eurokrise negativ auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken wird. Dennoch: Für dieses Jahr planen zwei Drittel der Befragten (66 %) die Investitionsbudgets zu erhöhen und neue Mitarbeiter einzustellen (67,4 %).
Der Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses, Arndt G. Kirchhoff, sieht allerdings nach wie vor Schwachstellen: „Wenn Deutschland im Kern ein starkes Industrieland bleiben soll, wozu die industriellen Familienunternehmen ihren Teil beitragen, dann müssen die Standortvorteile gesichert und ausgebaut werden.“ Vor allem dürfe man die strukturellen Probleme in Deutschland nicht übersehen. Dazu gehören nach Meinung Kirchhoff vor allem die seit Jahren rückläufigen Investitionen am Standort Deutschland.
An Auslandsinvestitionen mangelt es indes nicht. So vertreiben neun von zehn Familienunternehmen Produkte und Dienstleistungen auf internationalen Märkten. Für mehr als ein Drittel der Familienunternehmen (35,4 %) zählt Frankreich heute zu den drei wichtigsten Absatzmärkten – vor China (27,4 %) und den USA (25,3 %). Hinsichtlich der Einschätzung zukünftiger Wachstumsmärkte sind deutsche Familienunternehmen mehrheitlich davon überzeugt, dass sich Indien zum Wachstumsmarkt der Zukunft entwickeln wird. Indien hat damit realistische Chancen, zum fünftwichtigsten Handelspartner aufzusteigen. China wird voraussichtlich zum wichtigsten Exportland werden – noch vor Frankreich, den USA und Russland.
„Der Weg ins Ausland ist für viele Unternehmen nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine finanzielle Herausforderung“, weiß Jürgen Fitschen, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank und lobt die Haltung der Banken in der Krise. Sie hätten auch durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hinweg durch die Finanzierung des Außenhandels die notwendigen Voraussetzungen für das internationale Wachstum deutscher Unternehmen geschaffen.
Der Erfolg der Auslandsengagements macht vielen Familienunternehmern Lust auf mehr: Ein Drittel der Unternehmen, die bereits international aktiv sind, wollen auf weiteren Auslandsmärkten aktiv werden. Angeführt wird die Wunschliste von Indien (19,5 %) und China (16,5 %). „Die Devise der Familienunternehmen lautet somit: Go East“, so Prof. Frank Wallau, IfM Bonn.
Die Studie Die größten Familienunternehmen in Deutschland – Befragung Frühjahr 2011, der die genannten Umfrageergebnisse entnommen sind, steht als kostenloser Download zur Verfügung.