Migranten sind durchaus gründungsfreudig, nur leider gründen sie zu wenige Unternehmen in den wichtigen Schlüsselsektoren wie Maschinenbau, Chemie oder Softwareerstellung. Dadurch werde das in Deutschland vorhandene Wachstumspotenzial nicht ausgeschöpft, was wiederum „gesamtgesellschaftliche Wohlstandsverluste“ zur Folge habe, warnt das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Das habe ein Vergleich von Unternehmen in „wissensintensiven Sektoren“ im Rahmen einer Studie ergeben. Für die Studie wurden von Deutschen gegründete Unternehmen solchen Unternehmen gegenübergestellt, die von Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft gegründet wurden.
Der Fokus der Studie liegt dabei auf ehemaligen „Gastarbeitern“ aus Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, Portugal und dem ehemaligen Jugoslawien sowie deren Nachkommen, da der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtbevölkerung bei rund 7 % liegt.
Das Ergebnis des Vergleichs ist durchwachsen: Einerseits zeigt sich, dass Gründer mit Migrationshintergrund nicht einmal halb so oft ein Unternehmen in einer wissensbasierten Branche gründen wie Deutsche und im Schnitt jünger sind. Ihre Unternehmen beschäftigen zudem weniger Mitarbeiter als von Deutschen gegründete Unternehmen. Außerdem überdauern Unternehmen der Migranten im Schnitt nicht so lang, wie Firmen deutscher Gründer.
Andererseits unterscheiden sich – bei gleicher Größe – die Unternehmen von Migranten in Bezug auf Patentanmeldungen nicht von denen deutscher Gründer. Das lässt auf eine praktisch identische Innovationskraft schließen.
Unternehmen mit einem Gründerteam aus Deutschen und Migranten beschäftigen sogar mindestens ebenso viele Mitarbeiter und überdauern ebenso lange wie rein deutsche Gründungen. Daraus folgern die Wissenschaftler des ZEW, dass sich eine Zusammenarbeit von Unternehmensgründern mit und ohne Migrationshintergrund lohne.
Eine Erklärung für die unterschiedliche Gründungsaktivität in den wissensintensiven Sektoren könnten die Bildungsunterschiede zwischen Zuwanderern und Deutschen sein, vermutet Elisabeth Müller. Sie ist die für die Studie verantwortliche Wissenschaftlerin und Professorin an der Frankfurt School of Finance & Management.
Die Mannheimer Wissenschaftlerin mahnt: „Damit Deutschland sein volles Innovationspotenzial nutzen kann, ist es wichtig, dass mehr Unternehmer mit Migrationshintergrund in wissensintensiven Branchen gründen. Die wichtigste Folgerung der Politik aus den Ergebnissen unserer Studie müsste daher sein, deutlich mehr als bisher dafür zu tun, um das Bildungsniveau der Immigranten in der zweiten und dritten Generation zu erhöhen.“
Für die Studie wurden 4418 Gründungen von Unternehmern mit Migrationshintergrund und 133.384 Gründungen von deutschen Unternehmern sowie 2127 Gründungen von Teams aus einheimischen Gründern und Gründern mit Migrationshintergrund untersucht.
Eine englischsprachige Fassung der Studie steht per Download im Internet zur Verfügung.