Bei der Umsetzung der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung gibt es noch immer große regionale Unterschiede. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Das Bonner Forschungsinstitut misst seit längerem nachhaltige Regionalentwicklungen in den drei Bereichen ökonomische Wettbewerbsfähigkeit, soziale und räumliche Gerechtigkeit sowie Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Besonders umfassend kommen derzeit die Regionen Köln, Nordhessen und Starkenburg in Südhessen den Zielvorstellungen nach.
„Wir möchten mit dem Konzept Ziele einer nachhaltigen Regionalentwicklung überprüfbar machen, Defizite und Fortschritte aufzeigen“, begründet Antonia Milbert, Projektleiterin im BBSR die Studie. Für die 91 Raumordnungsregionen in Deutschland wird dazu für die einzelnen Indikatoren die Abweichung von Ziel- und Durchschnittswerten bestimmt. „Je größer die Abweichung und je häufiger die Regionen die Werte verfehlen, desto größer deren Nachhaltigkeitsdefizit“, erläutert die Wissenschaftlerin.
Um die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit einer Region zu bestimmen, hat Milbert die Indikatoren Bruttowertschöpfung, Anteil der Beschäftigten in Forschung und Entwicklung sowie der Beschäftigten mit höherem Bildungsabschluss herangezogen. München schneidet demnach von allen Regionen am besten ab. Hoch ist das Nachhaltigkeitsdefizit vor allem in den strukturschwächeren Regionen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze sowie im Länderdreieck zwischen Deutschland, Polen und Tschechien.
Indikatoren wie Erwerbstätigenquote, Arbeitslosenquote, Schulabgänger ohne Abschluss und kommunale Schulden geben einen Hinweis darauf, wie soziale Teilhabechancen in Deutschland verteilt sind. Die Analyse der sozialen Nachhaltigkeit zeigt einen deutlichen Ost-West-Gegensatz. Hauptursache für die nach wie vor großen Defizite in Ostdeutschland sind die höhere Arbeitslosigkeit und das geringere Arbeitsplatzangebot. Geringe Defizite finden sich in Ostdeutschland ausschließlich in Thüringen und Sachsen. In Westdeutschland gehen vor allem die Regionen im Rhein-Main-Gebiet voran.
Für die Messung der ökologischen Nachhaltigkeit wurden unter anderem die Indikatoren Flächenverbrauch, Energieverbrauch, Siedlungsabfälle und Anteil der geschützten Gebiete herangezogen. Mit Ausnahme der Regionen am Bodensee/Oberrhein verzeichnen alle Regionen ein mehr oder weniger starkes Defizit. In den städtisch geprägten Räumen ist es deutlich geringer als in vielen ländlichen Regionen. „Die Entwicklung hin zu mehr Ressourceneffizienz ist schleppend. Unter dem Konkurrenzdruck um Arbeitsplätze und Einwohner wird noch allzu oft mit einer großzügigen, teilweise überdimensionalen Gewerbe- und Siedlungsflächenausweisung reagiert“, erklärt die Projektleiterin den vergleichsweise großen Nachholbedarf.
Für eine Gesamtbewertung regionaler Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit wurden die durchschnittlichen Defizite der drei Dimensionen addiert. Groß ist der Rückstand vor allem dort, wo sich Defizite in allen drei Dimensionen gegenseitig verstärken, vor allem in Ostdeutschland und in einigen ländlichen Regionen Westdeutschlands. „Hier treffen relativ hohe ökologische Defizite auf eine vergleichweise geringe wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit“, so Milbert. Am weitesten auf dem Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit sind hingegen die Regionen Köln sowie Nordhessen und Starkenburg/Südhessen, wo fast alle Zielwerte erreicht werden.
Die Auswertung ist in der Reihe BBSR-Berichte KOMPAKT erschienen. Das Heft steht als kostenloser Download zur Verfügung.