Volle 50 Milliarden Euro könnte Deutschland jährlich sparen, wenn mehr sogenannte intelligente Netze zum Einsatz kämen, behauptet der Branchenverband BITKOM. Verbandspräsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer forderte deshalb in Berlin eine nationale Initiative für den Aufbau derartiger Netze in zahlreichen Lebensbereichen, darunter für den Verkehr- und den Energiesektor, aber auch für Behörden und Verwaltungen im Gesundheits- und Bildungswesen.
Scheer appellierte an Politik und Wirtschaft: „Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte können nur mit intelligenten Netzen gemeistert werden.“ Die Anfangsinvestitionen beziffert der Verband auf 130 Milliarden Euro, die sich aber sehr schnell amortisieren dürften.
Was sind intelligente Netze?
Ursprünglich bezeichnete man als Intelligente Netze Datendienste in physikalischen Netzwerken, z. B. Mehrwertdienste im klassischen Telefonbereich.
Zunehmend werden aber Netzwerke als intelligent bezeichnet, wenn diese eine zusätzliche Datenübertragung vom Versorger zum Verbraucher und zurück (bei Stromnetzen, sog. Smart Grids) oder von Netzteilnehmern untereinander (z. B. bei Verkehrsinformationsnetzen) ermöglichen. Wobei die übertragenen Daten dazu benutzt werden, vernetzte Teilnehmer (z. B. im Verkehr) oder Versorger und Verbraucher (bei Stromnetzen) optimal und in Echtzeit aufeinander abzustimmen.
Der wesentlichste Spareffekt basiert in aller Regel darauf, dass dank dieser Optimierung die nötigen Reservekapazitäten (z. B. Parkplätze im Verkehr oder Stromreserven für Spitzenbelastungen) erheblich reduziert werden können.
Allein der Ausbau von Verkehrstelematik könnte laut Verband die Zahl der Unfälle auf deutschen Straßen um etwa eine Million pro Jahr senken. Alle intelligenten Verkehrsnetze zusammen könnten, nach Berechnungen des BITKOM, die Wirtschaft und die Verbraucher pro Jahr um rund 11 Milliarden Euro entlasten.
Im Bereich der Energienetze sind intelligente Netze – sogenannte Smart Grids – für eine Energiewende ohnehin unerlässlich. Nur mit Ihnen kann Deutschland sowohl auf Atom- als auch langfristig auf Kohlekraftwerke verzichten.
Die Krankenkassen könnten mit einer intelligenteren digitalen Vernetzung um jährlich fast eine Milliarde Euro entlastet werden. Insgesamt würden sich die Investitionen in diesem Bereich nach etwa sechs Jahren amortisieren.
Scheer kritisierte das bisherige „Silodenken in Politik und Wirtschaft“, wenn es um solche Vernetzungen ging. „Die intelligenten Netze können wir nicht nach Flickschuster-Manier aufbauen“, so Scheer. So ließen sich E-Mobility und intelligente Stromnetze nur gemeinsam denken. Außerdem spiele für alle Netze zusammen das künftige Super-Breitbandnetz eine wesentliche Rolle. Scheer abschließend: „Die Lösung unserer großen Zukunftsherausforderungen ist ohne intelligente Netze nicht denkbar.“ Daher fordere der BITKOM einen Nationalen Infrastrukturrat, bestehend aus relevanten Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Lesetipp! Eine ausgezeichnete Präsentation zu diesem Thema aus der Pressekonferenz in Berlin steht per Download kostenlos im Internet zur Verfügung.