Rund jedes fünfte mittelständische Unternehmen wird von einer Frau geführt. Eine Studie auf der Basis des Mittelstandspanels der KfW Bankengruppe hat untersucht, ob und in welchen Punkten sich diese Unternehmen von männergeführten Unternehmen unterscheiden. Und tatsächlich: Es gibt einige auffällige Unterschiede, so zum Beispiel eine im Durchschnitt niedrigere Wachstumsrate und weniger Investitionen. „Diese Differenzen lassen sich nicht durch strukturelle Merkmale wie etwa Branche oder finanzielle Ausstattung erklären“, versichert Dr. Margarita Tchouvakhina, Abteilungsdirektorin der volkswirtschaftlichen Abteilung der KfW Bankengruppe und Leiterin der Studie.
Ein Grund liege vielmehr darin, so die Expertin, dass Frauen weniger Wert auf ein Wachstum ihres Unternehmens legen, um „flexibel zu bleiben und die Balance zwischen privatem und beruflichem Leben besser zu halten“.
Im Jahr 2009 investierte der deutsche Mittelstand insgesamt 176 Milliarden Euro in die Unternehmen. Der Investitionsanteil frauengeführter Mittelstandsunternehmen lag bei lediglich 16 Milliarden Euro. Die Betriebe mit einer Frau an der Spitze zählten 3 Millionen FTE-Beschäftigte (Full-Time-Equivalent), was etwa 13 % der FTE-Beschäftigten im deutschen Mittelstand im Jahr 2009 ausmachte.
Während Frauen überdurchschnittlich häufig Unternehmen im Bereich der persönlichen Dienstleistungen, wie z. B. den Branchen „Erziehung“, „Gesundheitswesen“ und „Kultur“ (etwa 30 %) oder dem Gastgewerbe (ca. 50 %) führen, finden sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede hinsichtlich des Inhabers im Groß- und Einzelhandel sowie in den Bereichen Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Finanzdienstleistungen und unternehmensnahe Dienstleistungen.
In den in der Studie untersuchten Jahren 2002 bis 2009 reagierten Unternehmerinnen bei ihren Investitionen schneller und stärker auf negative Konjunkturanzeichen als Unternehmer. Passend dazu reagierten Unternehmerinnen auch auf Boomzeiten zögerlicher als Unternehmer. „Wachstumsorientierte Investitionsziele nehmen bei männergeführten Unternehmen einen höheren Stellenwert ein“, so Dr. Tchouvakhina. Wie ihre Studie zeige, investieren Männer häufiger als Frauen, um das Produktsortiment zu erneuern, Innovation, Forschung und Entwicklung zu ermöglichen oder den Umsatz zu steigern. „Für Frauen spielen expansive Investitionsziele weniger eine Rolle, was zum Teil die geringere Wachstumsneigung erklärt“, so die KfW-Expertin.
Die Hauptmotivation, sich selbständig zu machen, sei für Frauen und für Männer jedoch ähnlich: Es gehe ihnen darum, eigene Ideen zu verwirklichen und der eigene Chef zu sein. Das Ziel, als Selbstständiger mehr zu verdienen ist für Frauen aber weniger wichtig als für Männer. Dafür sind Unternehmerinnen stärker an der damit verbundenen zeitlichen Flexibilität interessiert. Dr. Tchouvakhina vermutet, dass bei den Frauen dahinter der Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Motiv steckt. Den persönlichen unternehmerischen Erfolg sehen Frauen entsprechend auch nicht primär in den männlich geprägten Indikatoren „Wachstum“ und „Profit“, sondern in der „Arbeitszufriedenheit“, der „Autonomie“ und der „Selbstverwirklichung“.
Zudem kann die unternehmerische Entscheidung für eine Expansion des Betriebs mit zusätzlichem finanziellen Aufwand und höheren Risiken verbunden sein. Dies versuchen Frauen in der Selbständigkeit eher zu vermeiden als Männer. Entsprechend beantragen Frauen auch seltener Kredite als Männer. Benötigen sie jedoch eine Finanzierung durch ein Bankdarlehen, sind Unternehmerinnen in der Kreditverhandlung genauso erfolgreich wie ihre männlichen Kollegen.
Die Studie Chefinnen im Mittelstand – Unternehmerische Tätigkeiten von Frauen steht per Download kostenlos im Internet zur Verfügung.