Die internationale Managementberatung Oliver Wyman sieht trübe Zeiten für die deutschen Hersteller von Solarzellen und-modulen kommen. Wie die Oliver Wyman Studie Win or lose im globalen Photovoltaikmarkt zeige, sei der deutsche und globale Markt für die Module im heftigen Umbruch. „Während die hiesigen Anlagenbauer und Elektronikunternehmen auch weiterhin weltweit eine starke Position einnehmen, werden viele Zellen- und Modulhersteller mangels Finanzkraft nur mit Partnern in den Wachstumsmärkten der Zukunft überleben können“, glaubt das Beratungsunternehmen.
Der Grund für den Umbruch: Zwar dürften bis 2015 laut European Photovoltaic Industry Association (EPIA) weltweit rund 23,9 Gigawatt (GWp) Leistung installiert werden – was einem jährlichen Wachstum von fast 8 % entspricht – , aber der größte Teil des Wachstums wird in den USA und Asien stattfinden. Der europäische Anteil wird voraussichtlich von derzeit rund 80 % (2010) auf 37 % im Jahr 2015 zurückgehen. Damit wird Deutschland aber automatisch seine derzeitige Führungsposition verlieren. Wurden im Leitmarkt Deutschland 2010 noch gut 7,4 Gigawatt Leistung installiert, wird der Zubau bis 2015 auf rund drei Gigawatt zurückfallen. Damit schrumpft der Markt jährlich um 16,5 %.
Die USA hingegen dürften parallel dazu einen jährlichen Zubau von sechs Gigawatt erreichen. Das entspräche Steigerungsraten von mehr als 46 %. China dürfte sich pro Jahr um 42 % verbessern und den Zubau von 520 Megawatt 2010 auf drei Gigawatt in 2015 steigern.
Davon werden aber nach Einschätzung der Berater lediglich die Ausrüster mit ihrer Kompetenz bei Technologie- und Produktionsentwicklung profitieren. Auch bei der Leistungselektronik sei Deutschland mit dem Weltmarktführer SMA Solar sehr gut aufgestellt. Hingegen bestehe für nahezu alle deutschen Zellen- und Modulhersteller akuter Handlungsdruck.
Auch Downstream-Anbieter (Händler, Systemintegratoren und Installationsunternehmen) hätten Handlungsbedarf. Sie sollten dringend ins Ausland expandieren, fordert Wolfgang Weger, Partner und Solarexperte bei Oliver Wyman. „Die nächsten Kapitel aber“, so Wegener weiter, „schreiben weder Deutschland noch Europa, sondern vor allem die USA und Asien. Und da werden nur wenige der hiesigen Zellen- und Modulhersteller mit von der Partie sein.“
Die meisten der einst erfolgsverwöhnten Player seien kaum noch handlungsfähig, kritisiert Weger. In den Boomjahren hätten zahlreiche deutsche Unternehmen es versäumt, nachhaltig in Forschung und Entwicklung beziehungsweise neue Produktionstechnologien zu investieren und sich finanziell abzusichern. Nun müssten sie mit einer weit unterdurchschnittlichen Bruttomarge (siehe Grafik) klar kommen, da sich die Mehrzahl der Unternehmen kein neues Produktionsequipment für eine kostengünstige und effiziente Produktion leisten kann.
Im globalen Commodity-Markt Photovoltaik werden deshalb nur diejenigen deutschen Zellen und Modulhersteller überleben, die entweder finanziell gut aufgestellt sind oder schnell starke Partner finden, warnt Weger. Die Frage ist allerdings: Wer ist dazu noch bereit? Selbst die finanzstarken Asiaten winken mittlerweile ab, denn die technologische Vorreiterrolle der Deutschen ist fast schon Vergangenheit. Lediglich als Marke sind einige Hersteller noch für globale Partner interessant. Aber die Zeit drängt. „Noch hat Made in Germany in Asien und im Mittleren Osten einen großen Stellenwert. Doch je kleiner der deutsche Markt wird, desto mehr schwindet der Wert der Marke“, so Weger.
Bewegen müssten sich allerdings auch die deutschen Downstream-Unternehmen, allen voran die Systemintegratoren, mahnt Weger. Er glaubt, da diese durchweg ordentliche Renditen verzeichnen, könnten sie aus eigener Kraft überleben – vorausgesetzt, sie internationalisieren sich rasch. Mittelfristig seien Regionen wie Nordafrika und der Mittlere Osten, aber auch europäische Regionen wie die Türkei lohnende Regionen. In erster Linie jedoch gelte es jedoch, sich den Zugang zum US-Markt zu verschaffen. „Er wird bereits ab dem kommenden Jahr zur Megaarena in der globalen Photovoltaikszene werden“, prophezeit Weger.
In den USA erwartet die Deutschen allerdings ein weitgehend besetzter Mark mit zahlreichen etablierten Konkurrenten, völlig anderen Geschäftsstrukturen und industriellen Geflechten sowie Projektgrößen. Niederlassungen vor Ort sind deshalb Pflicht, ebenso Netzwerke mit den richtigen Geschäftspartnern. Kleine Unternehmen haben aber auch dann allein keine Chance. Sie werden über Zusammenschlüsse nachdenken müssen.
Die Zeit drängt. Und auch wenn viele in der Branche die gebäudeintegrierte Photovoltaik für eine Überlebenschance halten, ist das eher ein Wunsch als Realität, warnt Solarexperte Weger. Diese Nische werde nicht groß genug für alle sein. „Die deutschen Unternehmen sollten die Zeit vielmehr für gezielte Vorwärtsstrategien nutzen.“
(Oliver Wyman / ml)