Wie wird sich der Umstieg auf die Elektromobilität wirtschaftlich auswirken? Die meisten Wirtschaftsexperten gehen wie selbstverständlich davon aus, dass die Elektromobilität für die deutsche Automobilindustrie und ihre Zulieferer eine Chance und damit einen Aufbruch darstellt. In jedem Fall wird sie die Strukturen der Branche ändern, also einen Umbruch herbeiführen. Komplexe Wertschöpfungsketten müssen sich neu formieren. Kann aber auch nur ein Glied der neuen Kette nicht vernünftig wirtschaften, wird die ganze Kette nicht funktionieren, warnt Prof. Dr. Uwe Götze, Inhaber des Lehrstuhls BWL III, Unternehmensrechnung und Controlling an der Technischen Universität Chemnitz.
Der Chemnitzer Wissenschaftler hält deshlab viele der aktuellen Prognosen für voreilig: „In welcher Weise und mit welcher Intensität sich die Elektromobilität durchsetzen kann und ob das von der Bundesregierung gesetzte Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen im Jahr 2020 erreicht wird, lässt sich heute nicht seriös prognostizieren.“ Er fordert die Unternehmen der beteiligten Branchen deshalb auf, Flexibilität zu bewahren, um Chancen nutzen und sich der Entwicklung anpassen zu können.
Götze warnt: „Die Elektromobilität sortiert die Wirtschaft neu. Sie wird mit einem Aufbrechen kompletter Wertschöpfungsketten einhergehen und zu einer stärkeren Vernetzung bisher weitgehend unverbundener Wirtschaftszweige führen, die unter anderem die Automobilbranche, die Energiewirtschaft und die IKT-Branche einschließen.“ Der Facettenreichtum der Elektromobilität gehe weit über einen Austausch von PKW-Komponenten hinaus und umfasse eine Vielzahl unterschiedlicher Fahrzeugtypen, Elektrifizierungsgrade des Antriebsstrangs und potentieller Energiespeicher.
„Unternehmen und Politik sollten bedenken, dass jeder an einer elektromobilen Wertschöpfungskette Beteiligte erfolgreich wirtschaften können muss, damit die gesamte Kette nachhaltig erfolgreich ist“, mahnt Goetze. Dies erfordere auch geeignete Rahmenbedingungen: „So zeigt sich am Beispiel der intelligenten Messung des Energieverbrauchs in Haushalten, des sogenannten Smart Metering, dass eine politisch gewollte Neuerung nicht erfolgreich ist, weil eine gesetzliche Regelung es verhindert, dass für alle an der Energiewertschöpfungskette Beteiligten ein Anreiz besteht, diese intelligente Messung zu forcieren. Im konkreten Fall ist es der Zwang, dass der Energielieferant Energie nach dem Standardlastprofil beschaffen, verteilen und abrechnen muss“, so Götze.
Aus Sicht habe die Wissenschaft sind auf dem Gebiet der Elektromobilität noch jede Menge Wissenslücken zu schließen. Einen tieferen Einblick in den gegenwärtigen Stand der Forschung bietet ein Arbeitspapier des Lehrstuhls mit dem Titel Elektromobilität – Herausforderungen und Lösungsansätze aus wirtschaftlicher Sicht. Autoren sind Prof. Dr. Uwe Götze und Marco Rehme. Die 45-seitige hochinteressante wissenschaftliche Analyse steht per Download kostenfrei im Internet bereit.
(TU Chemnitz / ml)