Der weltweiten Automobilzulieferindustrie gehe es gerade glänzend. Die Gewinnmarge der Branche liege im Schnitt bei 6,2 % und damit über dem Niveau vor der großen Finanzkrise, konstatiert eine gemeinsame neue Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Finanzberatung Lazard. Wie die Branchenanalyse weiter zeigt, wiesen europäische Unternehmen 2010 mit im Schnitt 6,9 % sogar noch deutlich höhere EBIT-Margen (Gewinn vor Zinsen und Steuern) auf als ihre Konkurrenten in den USA und Japan.
Felix Mogge von Roland Berger zeigt sich vor allem von der schnellen Erholung der Branche überrascht: „2010 ist die Profitabilität der weltweiten Automobilzulieferindustrie auf Rekordniveau gestiegen – nur ein Jahr nach dem Rekordtief von 2009.“ Die durchschnittliche globale EBIT-Marge ist von 1,6 % im Jahr 2009 auf 6,2 % im Jahr 2010 hochgeschnellt. Dr. Eric Fellhauer, Geschäftsführer bei Lazard kennt den Grund: „Haupttreiber dieser positiven Entwicklung ist die rasante Erholung der weltweiten Automobilproduktion, allen voran in China und anderen Schwellenländern.“. Zur raschen Erholung der Branche hätten zudem die umfassenden Kostensenkungsmaßnahmen in den Unternehmen aus dem Krisenjahr 2009 beigetragen.
Die Profitabilität der Unternehmen schwankt dabei je nach Region erheblich. So haben europäische Zulieferer mit einer durchschnittlichen EBIT-Marge von knapp 7 % ihre Wettbewerber in Japan (5,6 %) und Nordamerika (4,3 %) deutlich hinter sich gelassen. Noch höhere Renditen erzielten jedoch Zulieferer aus China und Korea mit teilweise zweistelligen EBIT-Margen.
Beträchtliche Unterschiede gibt es auch zwischen den verschiedenen Sektoren. Am profitabelsten zeigen sich Fahrwerksspezialisten mit einer durchschnittlichen EBIT-Marge von knapp 8 %, gefolgt von Zulieferern für Exterieur, Antrieb und Reifen. Die Schlusslichter bilden Zulieferer mit Schwerpunkt Interieur sowie Elektrik/Infotainment mit einer EBIT-Marge von nur rund 5 %. Dr. Eric Fellhauer von Lazard sieht diese Entwicklung kritisch: „Die Schere zwischen profitablen und weniger profitablen Automobilzulieferern hat sich durch die Krise noch weiter geöffnet. 2010 lag die Profitabilität im oberen Viertel des Markts fünfmal höher als im unteren Viertel.“
Die Umsatzprognosen für 2011 sind für die Automobilzulieferer global relativ stabil. Allerdings gehen die Studienautoren davon aus, dass die Profitabilität leicht nachgeben wird. Gründe sind die leichte Abkühlung des chinesischen Automobilmarkts bereits seit Anfang 2011, der stagnierende Absatz in reifen Märkten angesichts der aktuellen Unsicherheiten an den Finanzmärkten sowie die anziehenden Rohstoffpreise. Der Preisdruck der Automobilhersteller spielt ebenfalls wieder eine wichtigere Rolle. Roland-Berger-Experte Mogge: „Seit Mitte 2010 erleben wir wieder einen sehr hohen Preisdruck auf die Lieferanten.“
Neben der Stabilisierung des momentanen Profitabilitätsniveaus und dem Ausbau der globalen Lieferfähigkeit stehen die Zulieferer laut Studie vor der Herausforderung, Produktinnovation zukünftig noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Felix Mogge warnt: „Nur Zulieferer, denen es gelingt, sich durch erstklassige Produkte von der Konkurrenz abzuheben, werden in der Lage sein, nachhaltige EBIT-Margen von mindestens 6 % zu erzielen. Die anderen Zulieferer werden zunehmend in den Commodity-Bereich gedrängt, wo sie maximal 3 % Gewinn erreichen können.“
Eine englischsprachige Kurzfassung der Studie steht per Download kostenfrei im Internet zur Verfügung.
(Roland Berger / ml)